Politik eine Nase drehen

■ Bürgermeister Runde hält Grundsatzrede mit Kritik an Arbeitsplatzvernichtung

Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) hat eine zunehmende Vernichtung von Arbeitsplätzen als „Symptom des globalen Fusionsfiebers“ kritisiert. In einer politischen Grundsatzrede gestern in der Technischen Universität Harburg sagte Runde: „Mich wundert, dass angesichts solcher Arbeitsplatzvernichtung niemand von Wirtschafts- oder Globalisierungsverdrossenheit spricht – aber alle reden von Politik- und Parteienverdrossenheit.“

Der Bürgermeister nannte in diesem Zusammenhang als Beispiel „eine deutsche Bank“, die 3,5 Milliarden Mark Gewinn machte, 1,2 Milliarden Mark Steuern sparte, 100 Millionen Mark für die Abfindung eines einzigen Managers übrig hatte und gleichzeitig 9000 Arbeitnehmer entließ. Bei solchen Fakten „fällt es mit schwer zu erklären, wie soziale Marktwirtschaft funktioniert“.

Die Pläne der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), ein Viertel ihrer Belegschaft abzubauen (taz hamburg vom 25.9.), hatte Runde seinerzeit als „Schattenseite der Liberalisierung auf dem Strommarkt bedauert“. Die HEW, deren Aufsichtsratsvorsitzender der Bürgermeister ist, haben das Geschäftsjahr 98 mit zwei Rekorden abgeschlossen: Der Gewinn stieg auf 163 Millionen Mark und die Dividende auf 27 Prozent.

Als eine politische Führungsabgabe in Zeiten der Globalisierung sieht Hamburgs Regierungschef die „gewiss nicht all zu großen Spielräume zwischen dem ökonomisch Notwendigen und dem politisch Machbaren“ zu öffnen. Auch wenn in der Vergangenheit die Wirtschaft der Politik „so manches mal eine Nase drehte“, glaubt Runde an eine „Renaissance des Politischen“.

Im Zuge der noch nicht überwundenen weltweiten Finanzkrise habe sich einiges in den Köpfen bewegt. Die begonnene „Entmystifizierung des Ökonomischen“ werde auch „viele Megafusionen treffen, die heute noch beklatscht werden“, meinte der SPD-Politiker. Das eher planlose Zusammenführen von unterschiedlichen Unternehmenskulturen werde die wirtschaftlichen Riesen noch vor gewaltige Probleme stellen. Laut Runde ist „bei mancher Großfusion der Lack schon arg lädiert“ – wie zum Beispiel bei der fusionierten Hypo-Vereinsbank. lno/smv