Harte Bewährungsprobe in Nordirland

■ Unterhändler George Mitchell legt seinen Abschlussbericht vor

Dublin (taz) – Der frühere US-Senator George Mitchell, der seit fünf Jahren die nordirischen Friedensverhandlungen leitet, hat gestern seinen Abschlussbericht vorgelegt und sich aus der britischen Krisenprovinz verabschiedet. Keine Seite könne alle Ziele verwirklichen, heißt es in seinem Bericht, sondern beide Seiten müssten Opfer bringen. Mitchell glaubt, dass die Grundlagen für Regierungsbildung und Abrüstung geschaffen worden sind. „Die Regierung muss eingesetzt werden, und am selben Tag müssen die paramilitärischen Organisationen ihre Unterhändler für die Abrüstungskommission ernennen.“

Die Irisch-Republikanische Armee (IRA) hatte sich am Vortag zum ersten Mal bereit erklärt, über die Ausmusterung ihrer Waffen zu verhandeln, sobald die nordirische Regionalregierung unter Beteiligung von Sinn Féin, ihrem politischen Flügel, eingesetzt worden sei. Unionistenchef David Trimble, der die Waffenabgabe bisher als Voraussetzung für die Regierungsbildung bezeichnet hatte, stimmte dem Deal zu.

Sechs seiner zehn Westminster-Abgeordneten taten das jedoch nicht. Sie bezeichneten die IRA-Erklärung als völlig unzureichend. „Die Übereinkunft hebt die Grenzen zwischen Demokratie und Terrorismus auf“, sagten sie. Der Rat der Partei, dem 860 Mitglieder angehören, muss Ende nächster Woche über das Abkommen entscheiden. Nur Minuten nach der Erklärung seiner Abgeordneten distanzierte sich Trimble davon.

Sowohl Sinn Féin als auch die Unionisten spekulierten gestern, die britische Regierung werde die angekündigte Reform der zu 93 Prozent protestantischen Polizei verwässern, um Trimble zu stützen. Sinn-Féin-Präsident Gerry Adams warnte, London müsse „der Verlockung widerstehen, für einen kurzfristigen Vorteil“ einzuknicken. Ralf Sotscheck

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