■ Hat die Lobby mehr Macht als gut ist?
: „Man kann es nicht jedem recht machen“

Manfred Kaniess, 62, Betriebswirt

Gerhard Schröder ist doch auch ein Lobbyist. Der beste Vertreter für Volkswagen. Der Staat repräsentiert doch die, die in Deutschland die stärkste Lobby haben. Das ist natürlich die Wirtschaft. Mein Doktor hat mir heute gesagt, dass das Budget für Medikamente ausgeschöpft ist. Da fehlt wieder die Lobby. Diejenigen, die eine schwache oder gar keine Lobby haben, sind in diesem Staat die Versager.

Christian Odenthal, 34, Student

Das ist doch offensichtlich, dass die Lobby in Deutschland die Macht hat. Am allerbesten sieht man das doch an den Regelungen, die am Ende nicht wiedererkennbar sind. Wenn eine Initiative durchkommt, ist sie am Ende völlig anders, als sie einmal geplant war, eben durch den Einfluss der Lobby. Aber weil wir alle eine Lobby haben, gleicht sich das ja am Ende vielleicht wieder aus.

Holger Nicklas, 28, Buchhändler

Völlige Unabhängigkeit von Lobbyisten ist sicher schwierig für die Politiker. Ich glaube, die Durchbringung ihrer Vorstellungen entgegen den Interessensverbänden ist so gut wie unmöglich. Aber ich vertraue der Regierung, dass sie sich in wichtigen Punkten nicht beeinflussen lässt. Die Politiker werden den Spagat schon schaffen. Das müssen sie ja auch. Sonst sind sie bald weg vom Fenster.

Stefanie Böhme, 18, Lehrling

Die Regierung lässt sich weniger von Demonstrationen, beispielsweise gegen Atomkraft, beeindrucken als von der Wirtschaftslobby. Die Wirtschaft hat die eigentliche Macht. Frankreichs Ministerpräsident Jaques Chirac waren ja die großen Anti-Atom-Demos auch egal. Das ist hier genauso. Auf alle hören – das ist wahrscheinlich schwierig. Man kann es eben nicht jedem recht machen.

Detlef Kindsel, 47, Bankangestellter

Politiker sind abhängig von der Wirtschaft und damit natürlich auch beeinflussbar. Die Banken haben beispielweise eine starke Lobby, die werden ihre Interessen schon durchboxen. Man selbst als Normalbürger hat wenig Möglichkeiten im Kampf für Änderungen. Gegen eine starke Lobby kann man schwer etwas tun. Jeder will das Beste für sich rausschlagen. Einer gewinnt, die anderen bleiben auf der Strecke.

Dieter Hornung, 54, ohne Berufsangabe

Bestimmte Politiker sind Spielbälle von Lobbys. Besonders da, wo Wirtschaftsverträge existieren, gibt es enge Verflechtungen. Bei Militärprojekten beispielsweise, wie der Lieferung des Leopard II in die Türkei. Ich sehe die Gefahr, dass parlamentarische Demokratie ausgehöhlt wird durch wirtschaftliche Interessen. Aber ohne Wirtschaft geht es nun mal nicht. Das ist eine schwierige Geschichte.

Umfrage: Karen Heinrichs

Fotos: Jan Nordmann