■ X-mas mit „Bild“
: (K)ein Thema

Die Titelseite der Bild kannte in dieser Woche quasi nur ein Thema: Weihnachtsgeld.

Seit Dienstag stand es täglich auf Seite 1: Die Kassen verlangen alljährlich (und möglicherweise ungerechtfertigt) Versicherungsbeiträge vom 13. Monatsgehalt – und Bild hatte die Lösung: einen vorgefertigten Rückerstattungsantrag, den die Leser ausschneiden und an die Kassen verschicken können, nachdem nun Verfassungsbeschwerden gegen die Abgaben laut geworden sind. „Die Leute bekommen endlich das Gefühl, hier kann ich etwas machen“, sagt Bild-Chef Udo Röbel über die Aktion, denn: „Der Bürger lebt in einem fortwährenden Gefühl der Ohnmacht.“

Die Kassen indes finden Röbels Sprachrohrfantasien gar nicht komisch, denn der Bild-Antrag ist ihrer Ansicht nach überflüssig: „Wir hoffen, dass wir die Pasta wieder in die Tube reinkriegen, nachdem Bild sie ausgedrückt hat“, sagt AOK-Sprecher Rainer Eikel und beklagt eine Flut von Anträgen, die beantwortet werden müssten. Die DAK gibt an, sie hätte 1997 bei einer ähnlichen Presseaktion 175.000 Anträge bearbeiten müssen, was erhebliche Kosten verursachte.

Dabei entscheidet das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich ohnehin erst im nächsten Jahr. Und durch ein Urteil werde jeder Versicherte seine Mehrabgaben auch ohne Antrag rückwirkend wieder bekommen, verspricht AOK-Mann Eickel. Erst 2001 verfalle der Anspruch, und schon 1998 habe es eine Erklärung von Gewerkschaften und Kassen gegeben, dass die Beiträge garantiert rückgeführt werden. „Da hätte Bild mal ins Archiv gucken sollen.“

Gewonnen hat die Bild mit ihrer Kampagne dennoch: einen Werbekunden nämlich. In ihrer Not schaltet die AOK heute eine viertelseitige Werbung im Blatt, dass Bild-Anträge da bleiben können, wo sie sind: auf Seite drei. Das sei rechtsverbindlich und, so Eikel, ein „ärgerlicher Kundenservice, dem wir gutes Geld hinterher schmeißen“. 100.000 Mark, genau gesagt.

Wer aber erklärt das bloß den ohnmächtigen Versicherten? Kein Thema. Margret Steffen