Sharif beteuert seine Unschuld

■ Pakistans weggeputschter Premierminister erscheint erstmals vor Sondergericht. Anklage voraussichtlich erst nächste Woche

Delhi (ta*) – Unter ungewöhnlich strengen Sicherheitsvorkehrungen ist der ehemalige pakistanische Ministerpräsident N. Sharif gestern erstmals in Karatschi einem Gericht vorgeführt worden. Sharif war am 12. Oktober durch einen Militärputsch aus dem Amt gedrängt worden und stand seitdem an einem geheimen Ort unter Hausarrest. Am Mittwoch war er nach Karatschi gebracht und formal verhaftet worden. Sharif wies gestern bei seinem 20-minütigen Auftritt vor einem Anti-Terror-Sondergericht jede Schuld von sich. Ein Militärführer hatte vergangene Woche gegen ihn wegen Verschwörung, Mordversuchs und Entführung Klage eingereicht. Im Falle einer Anklage, über die das Gericht erst nächste Woche entscheiden will, muss der weiter in Haft gehaltene Sharif die Todesstrafe befürchten.

Der Premierminister hatte am 12. Oktober in einem Machtkampf den damaligen Generalstabschef und heutigen Militärmachthaber P. Musharraf entlassen, als dieser gerade in Sri Lanka war. Auf dem Rückweg sollen die Behörden auf Anweisung Sharifs dem Linienjet mit Musharraf und 200 Personen an Bord die Landung verweigert haben. Erst als Musharraf-loyale Soldaten den Flughafen von Karatschi übernahmen, konnte der Flieger landen, dem nach Militärangaben sonst der Treibstoff ausgegangen wäre. Direkt nach der Landung gab Musharraf den Befehl für den Putsch und die Festnahme Sharifs. Dessen Name steht auch in einer Liste von über 100 Personen, die den Staat um rund 4 Milliarden Dollar betrogen haben sollen. 21 von ihnen wurden bereits in den vergangenen Tagen verhaftet, als die Armee und Sicherheitskräfte in landesweiten Aktionen verdächtigte Geschäftsleute, Politiker und auch einen ehemaligen General aufgriffen.

Am Montag war die Frist abgelaufen, die der neue Machthaber General Musharraf vor einem Monat jenen gestellt hatte, die vom Staat riesige Summen ausgeliehen und nie retourniert hatten. Nach Berichten sollen nur 160 Millionen Dollar wieder an den Staat überwiesen worden sein, darunter auch 5 Millionen von der Familie Sharifs. Unter den Verdächtigen ist auch die ehemalige Premierministerin B. Bhutto, die ihre Verhaftung schon seit einer Weile durch einen Auslandsaufenthalt verhindert. Sie erhielt schon unter Sharif eine fünfjährige Haftstrafe wegen Korruption. Ihr Ehemann ist bereits seit über einem Jahr in Haft.

Die Militärs haben auch eine Vorschrift aus der Ära der Militärdiktatur von 1985 wieder reaktiviert, die scharfe Strafen für Korruption vorsieht. Sie tritt rückwirkend in Kraft und sieht Haftstafen von maximal 14 Jahren vor, den Verlust der politischen Rechte für 21 Jahre, die Pfändung des Vermögens und die Einberufung besonderer Tribunale, die innerhalb von 30 Tagen ein Urteil fällen müssen. Ein eigenes Rechenschaftsbüro soll die Untersuchungen gegen die etwa 400 Verdächtigen führen, unten denen auch einige Militärs sind. Bernard Imhasly