Kommentar
: Berliner Krisen

■ Trainerwechsel ja, aber nicht bei Hertha

Berlin ist in der Krise. Das ist nichts Neues. Aber diesmal beginnt es viele Menschen empfindlich zu stören. Schließlich ist es die Fußballabteilung der Stadt, die Schwächen zeigt. Jürgen Röber, der Trainer von Hertha BSC, muss derzeit um seinen Job fürchten, weil seine Mannschaft zwar vor dem AC Mailand, aber hinter Hansa Rostock steht. In der Politik ist das anders. Berlin ist schon seit Jahren das Schlusslicht in der Wirtschaftskraft. Noch hinter Mecklenburg-Vorpommern. Dennoch darf Trainer Diepgen ungefährdet seinen neuen Fünfjahresvertrag erfüllen. Beim Fußball würde man von Treue sprechen. Bei der Politik ist es Desinteresse.

Jürgen Röber war in den letzten Jahren enorm erfolgreich. Auch in dieser Saison hat seine Mannschaft zumindest in der Champions League spektakuläre Ergebnisse erzielt. Wann durften sich die Berliner zuletzt über ein gutes Ergebnis ihrer Politiker freuen?

Trotzdem: Röber soll gehen, weil seine Torjäger seit ein paar Wochen nur Fahrkarten schießen. Doch Diepgen darf, wie schon seit Jahren, die Wirtschaftsansiedlung vergeigen. Vielleicht sollte es auch in der Politik Tabellen geben. Wöchentlich. Berlin bei Wirtschaftskraft auf einem Abstiegsplatz. Dafür Top bei Kriminalität, Arbeitslosigkeit und Staus. Wäre allerdings langweilig, weil sich eh nichts ändert.

Vielleicht sollten mehr Zuschauer zur Spielstätte der Politiker gelockt werden. Aber ob sie etwas davon hätten? Zur Zeit könnten sie folgendes Spiel verfolgen: Der SPD-Spieler Strieder versucht, sich auf dem linken Flügel zum Senator durchzuschießen. Sein Teamkamerad Böger versucht das Gleiche von der halb rechten Position. Huuiii. Einer von beiden wird verletzt zurückbleiben. Oder aber ihre Mitspielerin Fugmann-Heesing. Die soll aus dem Team genommen werden, weil sie nur erfolgreich, nicht schön spielt. Fußball ist gerechter. Dort wäre sie als knallharte Verteidigerin umjubelt.

Vielleicht dürfen Politiker ja deshalb so lange, langweilig und erfolglos weitermachen, weil es kein zahlendes Publikum gibt. Dabei muss für schlechte Politik jeder zahlen. Ob er im Parlament zuguckt oder nicht. Markus Franz

Bericht Seite 16