CDU-Mitglied fühlt sich angeschmiert

■ Ekkehard Neugebauer erstattet Anzeige. Kohl hält alles für eine böse Kampagne, Schäuble wehrt sich. Rau fordert mehr Transparenz

Berlin (dpa/taz) – In der Parteispendenaffäre um ihren ehemaligen Schatzmeister Walther Leisler Kiep hat sich die CDU am Wochenende um Schadensbegrenzung bemüht. Während Generalsekretärin Angela Merkel die Bereitschaft ihrer Partei bekräftigte, an der Aufklärung mitzuwirken, sorgte eine Strafanzeige für Aufregung. Das baden-württembergische CDU-Mitglied Ekkehard Neugebauer hat bei der Staatsanwaltschaft Bonn Anzeige erstattet – „wegen Betruges der Mitglieder der CDU Deutschland“.

Gegenüber der taz verdächtigte Neugebauer sowohl den alten wie auch den neuen Parteivorstand. Er müsse davon ausgehen, „dass der gesamte Parteivorstand Unregelmäßigkeiten zugelassen hat und zulässt“. Neugebauer forderte einen personellen Neuanfang.

Vor den Konsequenzen seines ungewöhnlichen Schrittes fürchtet er sich nicht. Sollte ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn angestrengt werden, werde er sich wehren. „Da gibt es ganz andere, die der Partei viel mehr geschadet haben.“ Ausdrücklich erwähnte Neugebauer dabei Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl. Als Parteichef hätte er von den Finanzgeschäften des Schatzmeisters wissen müssen.

Offiziell nahm die CDU gestern keine Stellung zur Anzeige. Der baden-württembergische CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Götz zeigte sich über das Vorgehen seines Parteifreundes überrascht. Ein pauschaler Verdacht gegen die Parteiführung ist für ihn „nicht nachvollziehbar“. Neugebauers Kritik an der Arbeit der Parteiführung kann er nicht teilen: „Soweit ich weiß, wird alles getan, um die Sache aufzuklären“, sagte Götz.

Helmut Kohl bestritt gestern, dass die Entscheidungen seiner Regierung durch Schmiergeldzahlungen beeinflusst wurden. Kohl sagte, mit der Affäre wolle die rot-grüne Regierung von ihren eigenen Schwächen ablenken, doch „dieser Versuch wird scheitern“.

Kohls Nachfolger als Parteivorsitzender, Wolfgang Schäuble, schloss die Existenz von „schwarzen Konten“ bei der CDU aus. Der Spiegel hatte vorab gemeldet, auch nach dem Rücktritt Kieps 1992 seien weitere Großspenden „verschleiert worden“ und nicht im Rechenschaftsbericht aufgetaucht.

Das ZDF will wissen, dass der Haftbefehl gegen Kiep wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in dieser Woche aufgehoben wird. Es bestehe keine Flucht- oder Verdunklungsgefahr mehr.

Kiep und der CDU-Steuerberater Horst Weyrauch sollen 1991 eine anonyme Spende von einer Million Mark von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber in bar empfangen haben. Das Geld soll in Zusammenhang mit der Lieferung der Thyssen-Spürpanzer gezahlt worden sein.

Nach Darstellung von Kohl ist die damalige Entscheidung vor dem Hintergrund des Golfkriegs „ausschließlich nach außen-, sicherheits- und bündnispolitischen Erwägungen und in enger Abstimmung mit den Nato-Partnern getroffen“ worden. Schon im September 1990 habe er US-Außenminister James Baker eine Zusage gegeben. „Bereits zu diesem Zeitpunkt – also mehr als fünf Monate vor der in Rede stehenden Entscheidung des Bundessicherheitsrates – fiel demnach die politische Entscheidung ...“, betonte Kohl.

Nach Berichten soll es aber vor der Genehmigung im Bundessicherheitsrat erhebliche Widerstände in verschiedenen Bonner Ministerien gegen das Waffengeschäft mit Saudi-Arabien gegeben haben. Damit wird sich auch der Untersuchungsausschuss des Bundestages befassen.

Bundespräsident Johannes Rau kündigte gestern die Einsetzung einer Kommission für mehr Transparenz in der Parteienfinanzierung an. Lukas Wallraff