Querspalte

■ Freundliche Feinde

Warum fühlt es sich so gut an, wenn es so weh tut? Warum ist es so komisch, wenn es so ernst gemeint ist? Neulich belauschte ich am Nebentisch den Frühstücksdialog eines ehekriegserfahrenen Paares: „Die Zeitung“, streckte er ihr die Hand entgegen. „Wie heißt das Zauberwort?“, säuselte sie, und er konterte: „Scheiße“. „Na also, es geht doch“, freute sie sich – und mir wurde plötzlich klar, was eine feindliche Übernahme ist. Oder war das die freundliche?

Das Gute an dem Übernahmeangebot für den deutschen Mannesmann-Konzern durch Vodafone Airtouch ist, dass der britisch-amerikanische Telekommunikationsgigant dann auch die Forderungen nach Entschädigung der Zwangsarbeiter von Mannesmann übernehmen wird. Endlich bekommen die früheren Sklaven das ihnen zustehende Geld. Nur fünf Prozent des angebotenen Kaufpreises von 240 Milliarden Mark reichen aus, die leidige Altlast für die gesamte deutsche Wirtschaft abzutragen. Das ist mal ein freundliches Angebot. Der flotte Otto Graf Lambsdorff wirft jauchzend den Krückstock in die Luft, Hilmar Kopper presst sich ein schmales Lächeln in die breiten Lippen, die Bild-Zeitung bejubelt mit armdicken Alliterationen den Vodafone-Führer: „Gent – ein Gentleman“.

Oder etwa nicht? Weil die heutige Mannesmann AG im Jahr 1952 gegründet wurde und mit dem gleichnamigen Unternehmen, das Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs beschäftigte, rein gar nichts zu tun hat? „Shit!“, hört man schon das Zauberwort aus London. Können die mit ihren Sklaven nicht so umgehen, wie wir mit unseren? Einfach den Iren keine Kartoffeln geben, dann können sie später auch nichts mehr fordern. Kein englisches Pound für fremde Arbeiter. Die Übernahme ist gescheitert. Bei dem freund-feindlichen Frühstückspaar zahlte übrigens er für beide. Na also, es geht doch. Michael Ringel