Bemerkenswerte Interessenkoalition gegen Hamas

■ Ausweisung der jordanischen Hamas-Führung findet Beifall auch bei Palästinensern

Jerusalem (taz) – Obschon in der Öffentlichkeit kein Applaus zu hören ist, besteht kein Zweifel, dass die Regierenden mindestens dreier Völker dem jordanischen König Abdullah II. zu herzlichem Dank verpflichtet sind. Abdallahs Entscheidung, die vier führenden Köpfe der radikalen Palästinenserorganisation Hamas in Amman des Landes zu verweisen, findet Zustimmung bei einer merkwürdigen Interessengemeinschaft. Dass die Israelis den unfreiwilligen Ortswechsel des Politbürochefs Chaled Mascha'al begrüßen, dem die Mossad vor zwei Jahren vergeblich nach dem Leben trachtete, muss niemanden verwundern. Auch die Amerikaner stört es wenig, wenn die Führer einer den Terror befürwortenden Bewegung mit nicht ganz legalen Methoden außer Gefecht gesetzt werden. Überraschen mag dagegen auf den ersten Blick, dass auch die palästinensische Führung die jüngsten Ereignisse am Ostufer des Jordans wohlwollend betrachtet.

Es sei doch offensichtlich, „dass es ein Abkommen zwischen der jordanischen Regierung und der Hamas gibt“, kommentierte Prof. Hanna Issa, Sprecher des palästinensischen Justizministeriums, die Frage nach der Legalität der Landesverweise. Damit hält er sich an die offizielle jordanische Version, die besagt, dass die vier Männer „das Land verlassen durften“. Weiter wollte sich der palästinensische Rechtswissenschaftler nicht „zu diesem rein jordanischen Problem“ äußern. Dass die Hamas-Spitze im vergangenen August nicht zuletzt auf Druck der palästinensischen Führung verhaftet wurde, ist ein offenes Geheimnis.

Seit über zehn Jahren unterhält Hamas ein Büro im Stadtzentrum Ammans, und bis auf gelegentliche Demonstrationsverbote und Verhaftungen einzelner Aktivisten blieb sie die meiste Zeit ungestört. Die Exilierung ist eine Maßnahme ohne Vorbild. Das Argument des Königs, das Verbot von Hamas-Aktivitäten in seinem Land diene der internen Sicherheit, ist insofern fragwürdig, da es sich bei der Hamas in Jordanien nicht nur um eine unbedeutende kleine Gruppe handelt, sondern zudem um eine Bewegung, deren Interessen sich auf Palästina und nicht auf Jordanien richten. Offiziell diente das Hamas-Büro in Amman der Aufklärungs- und Informationsarbeit, israelische Sicherheitsdienste machten es allerdings wiederholt für die Planung von Terroranschlägen verantwortlich. Chaled Mascha'al und Ibrahim Ghosche stritten jede direkte Verbindung zu Attentätern ab, rechtfertigten jedoch grundsätzlich den bewaffneten Kampf gegen die Besatzung in ihrer Heimat.

Jassir Arafat waren die fundamentalistischen Landsleute in Amman ein Dorn im Auge, weil sie regelmäßig gegen ihn polemisierten. Dem Palästinenserpräsidenten steht ein schwieriger Balanceakt bevor, sobald es bei den Friedensverhandlungen zu konkreten Lösungsmodellen kommt. Mit der Schließung des Propagandabüros in Amman räumt König Abdallah dem alternden Palästinenserpräsidenten einen Stolperstein aus dem Weg.

Außerhalb der palästinensischen Gebiete sind die sunnitischen Fundamentalisten zwar noch im Libanon, in Syrien und auch im Iran vertreten, in all diesen Ländern haben sie jedoch nur sehr eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten. Dazu kommt, dass die Situation der religiösen Widerstandsorganisationen auch im Gaza-Streifen und imWestjordanland nicht rosig ist. Nach jüngsten Umfragen kann Hamas entsprechend nur noch knapp zehn Prozent der Bevölkerungssympathie für sich verbuchen. Die neuerdings moderateren Töne der weltlichen Oppositionsparteien PFLP und DFLP und ihre Perspektive einer Zusammenarbeit mit den palästinensischen Behörden tragen zur weiteren Isolierung der Islamisten bei. Eine Schwächung des politischen Flügels wird allerdings den militanten Kern radikalisieren. Wer auf ein Ende des Terrors hofft, kann dabei einzig auf Arafats Sicherheitsapparat bauen.

Susanne Knaul