Kampf den dicken Straßenzerstörern

■ Um den Güterverkehr auf der Straße zu reduzieren, sollen Lkw-Firmen zahlen

Berlin (taz) – Die Zunahme des Güterverkehrs auf den Straßen ist nicht mehr tragbar – in dieser Sache herrscht in weiten Teilen der Gesellschaft Konsens. Nachdem die Politik in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren tatenlos zusah, wie sich der Lasterverkehr in diesem Zeitraum auf den dreifachen Umfang aufblähte, will die rot-grüne Regierung jetzt aktiv werden.

Das Gegenmittel heißt Schwerverkehrsabgabe; sie soll Chancengleicheit zwischen Schiene und Straße schaffen. Denn während Güterzüge für jeden Kilometer Fahrstrecke 10 Mark an die Besitzerin des Schienennetzes, die DB Netz, bezahlen müssen, ist die Nutzung der Straßen für die Spediteure bislang praktisch kostenlos. Die bestehende Jahresvignette ist, umgerechnet auf Kilometer, nicht der Rede wert.

Die Schwerverkehrsabgabe soll fair, das heißt leistungsabhängig gestaltet werden. Die Fahrzeughalter müssen also pro Tonnenkilometer bezahlen: Je schwerer ein Laster, umso teurer wird der Kilometer. Berechnungsgrundlage wird das zulässige Gesamtgewicht sein. Fährt also ein 40-Tonner leer, so werden dennoch 40 Tonnen veranschlagt. Zum einen ist eine andere Regelung kaum praktikabel, zum anderen sollen damit Leerfahrten vermieden werden, die heute 16 bis 20 Prozent des gesamten Güterverkehrs ausmachen.

Da die Abgabe von Spediteuren aller Nationen gleichermaßen erhoben wird, ist sie diskriminierungsfrei, und wird auch von der EU akzeptiert. Die Technik soll sogar derart konzipiert werden, dass andere Länder sich dem System problemlos anschließen können.

Im Jahr 2002, so die Pläne der Koalition, soll die Abgabe eingeführt werden. Jeder Lastwagen mit mehr als zwölf Tonnen zulässigem Gesamtgewicht wird dann eine kleine Box im Führerhäuschen haben, die über Satellit ständig die Position des Fahrzeugs orten und so die gefahrenen Kilometer registrieren wird. Ein privates Firmenkonsortium soll nach dem Willen der Koalition das System betreiben, das zunächst auf Autobahnen beschränkt wird.

Wie viel jeder Tonnenkilometer künftig kosten wird, ist noch nicht beschlossen. Aufgrund der Schäden, die der Schwerverkehr an den Straßen verursacht, ist eine spürbare Abgabe angemessen: Ein Lkw mit 10 Tonnen Achslast schädigt die Straße so stark wie 160.000 Pkws. Die Abnutzung steigt mit vierter Potenz der Achslast, das heißt: doppeltes Gewicht – 16fache Straßenschäden. Von den Schäden in Höhe von 4,5 Milliarden Mark, die allein an den Bundesfernstraßen jährlich entstehen, gehen 95 Prozent auf den Lkw-Verkehr zurück.

Parallel zur Einführung der Schwerverkehrsabgabe machen sich zahlreiche Mitglieder der Koalition für eine Senkung der Trassenpreise der Bahn stark. Mit den Einnahmen aus der Schwerverkehrsabgabe wird für eine Senkung ausreichender finanzieller Spielraum vorhanden sein.

Am fortschrittlichsten in dieser Sache ist übrigens mal wieder die Schweiz. Bereits im Jahr 2001 wird dort die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe eingeführt – die notwendigen Beschlüsse sind allesamt bereits gefallen. Für alle Fahrzeuge mit mehr als 3,5 Tonnen zulässigem Gesamgewicht werden je Tonnenkilometer anfangs etwa 2 Pfennig, in acht Jahren etwa 3,3 Pfennig bezahlt werden müssen. Für einen 40-Tonner müssen also etwa 1,30 Mark je Kilometer gezahlt werden. Die Querung der Schweiz wird ihn somit fast 400 Mark kosten.

Die Einnahmen werden zu zwei Dritteln in die Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs investiert, speziell in neue Bahntunnel. Ein Drittel der Gelder fließt an die Kantone. Die Schweizer sind konsequent: Die Nutzungsgebühr wird auf allen Straßen fällig.

Bernward Janzing