Flache Schleifen, mit Licht gemalt

■ Arbeiten von Heinrich Heinersdorfer in der Galerie für Fotografie

Musik der Stille“ hat Jean Cocteau die Lichtzeichnungen von Heinrich Heinersdorfer genannt. Eine davon schenkte er Picasso, der selbst einmal mit Licht gezeichnet hatte.

Doch Heinersdorfers Luminographien – so der Fachterminus – vom Anfang der Fünfzigerjahre verdanken sich einer ausgeklügelten Technik. Aus einem komplexen, fast raumfüllenden Aluminiumgestänge mit Lichtquelle, Rohr, Lochmembran und pendelnden Spiegeln konstruierte der Fotograf eine von ihm Rhythmograph genannte Maschine. Durch das Fixieren von pendelnden Lichtspuren entstanden ästhetische Gebilde. So entstanden rund 300 Rhythmogramme in den Fünfzigerjahren, von denen nun eine kleine Auswahl in der Spandauer Galerie des Fotografen Georg Eichinger zu sehen sind.

Heinersdorf bestimmte die Versuchsanordnung, und er bearbeitete auch die Aufnahmen: Tonwertumkehrung, Mehrfachbelichtung, Solarisation, Ausschnittvergrößerung. Wenn manche der Figurationen an Textil- und Möbeldesign der Fünfzigerjahre erinnern, so ist das kein Zufall, wie auch das kalligraphische Element an Bilder des Informel denken lässt. Heinersdorfers „Flache Schleife“ bildete übrigens jahrelang das Sendezeichen für den Südwestfunk Baden-Baden.

Manche der feinlinigen Zeichnungen haben Titel wie „Dädalus“, „Triplum“ oder „Triennale“. Weiß auf Schwarz – oder umgekehrt – schweben Linien vor leerem Grund, bilden komplexe, gitter- oder netzartige, in sich verschlungene Strukturen. Die kreisenden, schwingenden Schleier, transparent und luftig, entwickeln ihre eigene Dynamik, und da, wo sich Streifenmuster im Auge mischen, erscheinen die typisch flimmernden Moiré-Figuren. Manchmal glaubt man auch, Naturformen erkennen zu können, denkt an Drahtgebilde oder sonstige Verflechtungen.

Der 1906 in Ingolstadt geborene Heinersdorfer, der seit 1961 in Wolfsburg lebt, war selbst bei der Eröffnung anwesend. In seinem Werk bilden die Rhythmogramme nur einen kleinen Ausschnitt. Immerhin wurde er ihretwegen 1957 von der Deutschen Gesellschaft für Photographie zu ihrem Mitglied berufen. Doch Heinersdorfer arbeitete auch als Sach- und Werbefotograf sowie als Bildjournalist und hat vor allem bedeutende Architekturaufnahmen geschaffen. Sein Ziel war immer, Ordnungsstrukturen aufscheinen zu lassen. In den Rhythmogrammen ist ihm so die Verbindung von Natur und Kunst gelungen. Michael Nungesser

Galerie für Fotografie Georg Eichinger, Zitadelle Spandau, Haus IV. Bis 12. Dezember. Freitag bis Sonntag 16 – 20 Uhr