Überfischung der Weltmeere weiter erlaubt

■ EU-Fischereiminister wollen Fischfangflotte erhalten, statt sie zu reduzieren

Berlin (taz) – Die europäische Fischfangflotte wird nicht reduziert, sondern darf im Rahmen der erlaubten Fangkapazitäten erneuert und modernisiert werden. Darauf einigten sich in der Nacht zum Dienstag die für Fischerei zuständigen EU-Minister in Brüssel. Bundeslandwirtschaftsminister Karl-Heinz Funke zeigte sich mit diesem Ergebnis sehr zufrieden, regierungsunabhängige Organisationen äußerten Kritik. Sie befürchten, das die wegen der massiven Überfischung der Weltmeere notwendige Reduzierung der Flotte damit konterkariert wird.

Die Entscheidungen sind im Rahmen der Diskussion um die Strukturpolitik und Gesamtförderung des Fischereisektors ab 2000 gefallen. Der deutsche Fischereiverband begrüßte die Entscheidungen: „Wir haben eine museumsreife Flotte, die dringend einer Erneuerung bedarf“, sagte ein Sprecher des Verbandes. Für den Neubau eines Schiffes mussten nach seinen Angaben im Rahmen des Flottenreduzierungsprogrammes der EU bisher 1,3 Einheiten aus dem Verkehr gezogen werden. Jetzt können die Schiffe wieder im Verhältnis 1:1 ersetzt werden. Eine Modernisierung alter Schiffe darf nach der neuen Regelung nicht die vorgeschriebenen Kapazitätsgrenzen überschreiten.

„Nach den bisherigen Erfahrungen geht das nicht, eine Modernisierung beinhaltet immer eine Kapazitätserhöhung, es können also mehr Fische gefangen werden“, sagte Beatrice Gorez von der Koalition für gerechte Fischereiabkommen (CFFA), in der sich europaweit Umwelt- und Entwicklungsorganisationen gegen Überfischung einsetzen. Modernisierungen der EU-Flotte, die vor Westafrika fischt, habe durchschnittlich zu 14 Prozent Kapazitätserhöhungen im Jahr geführt. Die Handelsexpertin der Entwicklungsorganisation Germanwatch; Martina Schaub, bezeichnete die Entscheidung als einen Skandal.

Die Welternährungsorganisation FAO stuft mittlerweile 70 Prozent der kommerziellen Fischbestände als erschöpft oder überfischt ein. 29 Millionen Tonnen des Fischfangs werden laut Greenpeace zu Fischmehl und-öl für Tierfutter verarbeitet. Damit werden nicht nur Hühner, sondern auch Lachse und Krabben gefüttert. Auf Krabbenfarmen können 15 Tonnen Futter auf eine Tonne Krabben kommen. Rund 185.000 Tonnen Frostfisch gehen jährlich in Deutschland in Fischstäbchen, Schlemmerfilets und Gourmetstücke.

Die Europäische Union hat eine der größten Fischfangflotten der Erde. Die Bundesrepublik importiert 80 Prozent ihres Fischbedarfs, die eigene Flotte, hat aber nur 13 hochseetüchtige Fahrzeuge.

Maike Rademaker