Ostdeutsche Hauskäufe bleiben doch unwirksam

■ Brandenburgs Versuch, das Modrow-Gesetz zu retten, hatte in Karlsruhe keinen Erfolg

Freiburg (taz) – Wendebedingte Hausverkäufe an ostdeutsche Mieter bleiben nichtig. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das damit eine Klage des Landes Brandenburg ablehnte. Die Regierung Stolpe hatte einen Grundrechtsverstoß darin gesehen, dass diese Hausverkäufe erst nachträglich vom Gesetzgeber für unwirksam erklärt worden waren.

Im März 1990 hatte die damalige DDR-Regierung unter Hans Modrow (SED-PDS) ein Gesetz verkündet, wonach die Mieter von „volkseigenen“ Häusern diese günstig erwerben konnten. So sollte sichergestellt werden, dass die damaligen Bewohner auch weiterhin in ihren „eigenen vier Wänden“ bleiben können. Rund 300.000 Kaufverträge wurden in den folgenden Monaten abgeschlossen.

Allerdings gehörten nicht wenige der „volkseigenen“ Häuschen einst Menschen, die aus der DDR geflüchtet oder legal ausgereist waren und nun als westdeutsche Alteigentümer“ auf Rückgabe drängten.

Kurz vor der Wiedervereinigung beschloss deshalb auf westdeutschen Druck hin die DDR-Volkskammer das so genannte Vermögensgesetz. Dort wurde zwar der „redliche“ Eigentumserwerb aus DDR-Zeiten anerkannt – aber eben nur bis zum Stichtag 18. 10. 1989, dem Rücktritt von Erich Honecker als Staatschef. Die auf das Modrow-Gesetz gestützten Kaufverträge waren plötzlich wertlos – jedenfalls wenn es einen Alteigentümer gab. Die Klage gegen diese Stichtagsregelung ist nun gescheitert.

Der Erste Senat des Verfassungsgerichts konnte keinen Verstoß gegen das Grundgesetz erkennen. Der Gesetzgeber habe während der Wiedervereinigung einen „weiten Gestaltungsspielraum“ gehabt, um die Interessen von aktuellen Bewohnern und Alteigentümern zum Ausgleich zu bringen. Auch die nachträgliche Vernichtung der Kaufverträge sei zulässig gewesen, da eine Eintragung ins Grundbuch meist noch nicht erfolgt war und schon die letzte DDR-Regierung unter Lothar de Maizière (CDU) eine Überprüfung dieser Verträge angekündigt hatte.

Wie viele Ost-Bürger aufgrund dieser Stichtagsregelung letztlich ihr Häuschen räumen mussten, weiß niemand zu sagen. Im Jahr 1994 wurde den Ostdeutschen immerhin die Möglichkeit eingeräumt, ihren Wohnraum zum halben Verkehrswert zu kaufen. Das ist zwar deutlich teurer als nach dem Modrow-Gesetz, diese Regelung dürfte aber die Bedeutung der gestrigen Niederlage Brandenburgs stark relativieren.

(Az.: 1 BvF 1/94)

Christian Rath