Der erste Einstieg in den baldigen Ausstieg

Die Mehrheit der katholischen Bischöfe einigte sich darauf, künftig keine Beratungsscheine mehr für eine straffreie Abtreibung auszustellen. Der Limburger Bischof Franz Kamphaus ist dagegen  ■   Von Nicole Maschler

Berlin (taz) – Die gesetzliche Schwangerenberatung in der katholischen Kirche steht kurz vor dem Aus. Eine Mehrheit der Bischöfe einigte sich gestern auf ihrer zweitägigen Klausurtagung im Kloster Himmelspforten bei Würzburg, die Schwangerenberatung im „Sinne des Papstes“ neu zu ordnen.

Die Kirchenmänner wollen mehrheitlich der Anweisung des Papstes folgen und künftig keine Beratungsscheine mehr ausstellen. Diese sind nach Paragraph 218 StGB für eine straffreie Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten erforderlich. Bisher haben auch die katholischen Beratungsstellen Caritas und Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Scheine für Abtreibungen ausgegeben.

Die Bischöfe hatten in der vergangenen Woche vergeblich versucht, ihren Oberhirten umzustimmen. Nach dem Machtwort aus Rom wollten sie sich daher in Würzburg auf eine gemeinsame Linie in der Abtreibungsfrage einigen. Unmittelbar vor ihrem Treffen hatte der Papst die Bischöfe erneut aufgefordert, eine einheitliche Lösung zu finden und diese zügig umzusetzen. Die „intensive Beratung“ zum Schutz ungeborener Kinder solle aber fortgesetzt werden.

Noch ist allerdings unklar, wie der angekündigte Ausstieg aussehen soll. Die Bischöfe wollen prüfen, ob sie auch weiter in der gesetzlichen Schwangerenberatung verbleiben – trotz des Neins zum Schein. „Theoretisch hat jeder Bischof drei Möglichkeiten“, sagte der Sprecher der deutschen Bischofskonferenz, Rudolf Hammerschmidt, gestern in Bonn. „Er kann erstens die Weisung des Papstes vollziehen. Oder zweitens zurücktreten. Oder drittens sich anders verhalten.“

Der Limburger Bischof Franz Kamphaus hat gestern bereits angekündigt, sich in keinem Fall völlig aus der Schwangerenberatung auszuklinken. Er fühle sich verpflichtet, Frauen in Konfliktsituationen zu erreichen. Sein Bistum werde sich an den Beratungen über eine Alternative beteiligen und notfalls auch weiterhin den Beratungsschein ausstellen.

Fraglich ist zudem der Zeitplan für den Rückzug. Die Übergangsfristen wollen die Kirchenvertreter mit den Landesregierungen klären, hiess es gestern. Für das Ende der Scheinvergabe hatte der Papst keine einheitliche Frist gesetzt. In einem neuen Brief wollte er nicht ausschliessen, dass die einzelnen Diözesen unterschiedlich lange bräuchten, um die Schwangerenberatung neu zu ordnen.

Bisher beteiligen sich Länder, Kommunen und die Kirche an den Kosten des Beratungssystems. Mit dem harten Kurs Roms ist die vorgeschriebene flächendeckende Versorgung in weiten Teilen Bayerns, in vielen Landstrichen von Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gefährdet. Laut Gesetz müssen die Länder pro 40.000 Einwohner mindestens eine Beraterin für Schwangere in Konfliktsituationen zur Verfügung stellen.

Schon am Freitag hatte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken auf seiner Herbstvollversammlung in Bonn das Nein aus dem Vatikan zurückgewiesen. Mit großer Mehrheit segneten die rund 250 Vertreter der Laienverbände den Verein „Donum vitae“ ab. Dieser sollte für die Amtskirche in der Schwangerenberatung einspringen. Doch schon am Freitag hatte Karl Lehmann, Vorsitzender der Bischöfe, die Hoffnungen der Laien gedämpft.

Lehmann, selbst Befürworter der Scheinlösung, hatte eingeräumt, dass den Laien nichts möglich sei, was den Bischöfen nicht möglich ist.