Ökosteuer: Clement ist dabei

Die nächste Stufe der Ökosteuer kommt – und die Grünen konnten sogar einige Forderungen durchsetzen. Auch Kohlefreund Clement wird zustimmen  ■   Von Bernward Janzing

Berlin (taz) – Die Ökosteuer hat auch den Angriff des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) überstanden. In einer Nachtsitzung einigten sich die Spitzen von Bundesregierung und Regierungsfraktionen gestern auf einen Kompromiss, dem auch Kohlelobbyist Clement am Freitag im Bundesrat zustimmen wird: Die Steuerbefreiung für hocheffiziente Gaskraftwerke wird lediglich für Anlagen gewährt, die bis zum 31. März 2003 ans Netz gehen. Damit weiß Clement, dass die Anzahl der begünstigten Gaskraftwerke streng limitiert, seine heimische Kohle mithin – durch dieses Gesetz – nicht bedoht ist.

Auch die Grünen zeigten sich gestern zufrieden mit dem Kompromiss. Gelang es ihnen doch, im Gegenzug ihre wichtigsten umweltpolitischen Forderungen durchzusetzen: Die umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird durch eine Quote gestützt, und die Solarenergie erhält im neuen Stromeinspeisungsgesetz eine kostenorientierte Vergütung.

Mit der gestrigen Entscheidung hat ein politisches Theater sein Ende gefunden, das in den vergangenen Wochen mehrfach von den sozialdemokratischen Verfechtern der rheinischen Kohle inszeniert worden war. Sie machten zum ersten Mal Druck, als die Regierung beschlossen hatte, die ökologisch sinnvollen Gaskraftwerke von der Ökosteuer zu befreien. Also wurde die Grenze der geplanten Steuerbefreiung schließlich so hoch gesetzt, dass nur höchstmoderne Gaskraftwerke, die mindestens 57,5 Prozent der eingesetzten Ressourcen in Strom umwandeln, begünstigt werden.

Und selbst das reichte Ministerpräsident Clement noch nicht: Er fürchtete, bei der Landtagswahl im kommenden Jahr, obwohl die Ökosteuer faktisch die Kohle kaum stoppen wird, von den Wählern abgestraft zu werden. Präzise terminiert, stellte dann auch noch der Essener Stromgigant RWE den Braunkohletagebau Garzweiler II mit Verweis auf die Ökosteuer erstmals öffentlich in Frage. Damit geriet Clement noch stärker unter Druck: Er wollte nicht verantwortlich sein für das Ende des symbolträchtigen Kohleprojektes.

Deshalb wirbelte Clement in Berlin solange, bis die Begünstigung des Gases auch noch zeitlich befristet wurde. Die Konsequenz ist absehbar: Allenfalls die Vasa Energy, die in Lubmin bei Greifswald ein Gaskraftwerk plant, wird noch von der Steuerbefreiung profitieren können. Weitere Investoren, die in ihrer Planung nicht so weit sind wie Vasa, werden diesen Termin mit Sicherheit nicht schaffen. Der Kohle wird dieses eine Kraftwerk nicht schaden – und Clement kann seinen Kohlekumpels wieder in die Augen schauen.

Das Hamburger Unternehmen Vasa äußerte sich gestern zwar positiv darüber, dass die Ökosteuer den Bundesrat passieren wird. Die Befristung nannte Vasa-Geschäftsführer Herbert Aly aber „absolut unsinnig“. Damit mache man Investoren das Leben unnötig schwer. Vasa Energy prüfe bereits alternative Kraftwerkstandorte in Polen und Tschechien.

Zwar ist die Ökosteuer im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig, doch eine Ablehnung mit Zweidrittelmehrheit hätte das Reformprojekt dennoch zurück in den Bundestag gebracht und damit erheblich verzögert. Aus diesem Grund ist die Zustimmung Nordrhein-Westfalens sehr wichtig. Und auch aus politischen Gründen wäre eine Ablehnung aus NRW kaum tolerabel gewesen: Eine rot-grüne Landesregierung, die das Gesetz einer rot-grünen Bunderegierung torpediert, hätte auf beiden Ebenen die Regierungen erheblich beschädigt.

Formal ist es nicht ganz einfach, das Gesetz, das bereits vom Bundestag beschlossen wurde, nun nochmals zu verändern. So wird Clement zwar dem unveränderten Ökosteuergesetz zustimmen, er erhält aber die Zusage, dass Mitte nächsten Jahres in einem so genannten Artikelgesetz die Steuerbefreiung befristet wird.

Den Grünen, denen ihr Förderprogramm für das umwelfreundlichere Gas damit fast auf Null gestutzt wurde, können dennoch mit dem Kompromiss gut leben. Denn ihre Erfolge in Sachen KWK und Sonne sind für die Energiewende fast noch wichtiger als die Umstellung von Kohle auf Gas.

Welche Bedeutung das Thema hat, zeigte die Besetzung des Verhandlungsgremiums in der Nacht zum Dienstag: Neben dem Bundeskanzler waren die Minister Werner Müller, Jochka Fischer, Jürgen Trittin, Ministerpäsident Wolfgang Clement, der designierte SPD-Generalsekretär Franz Müntefering und der Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch mit von der Partie.