Frauenuni zieht Kreise

■ Mindestens sechs Bremer Dozentinnen werden im Rahmen der Expo-Uni lehren/ Die Themen reichen von kulturellem Wellenreiten bis zum Arbeitsmarktvergleich in der EU

„Ich bin dabei? Sagen Sie bloß!“ Mit dieser verwunderten Äußerung über ihre anstehende Tätigkeit bei der Frauenuniversität (ifu) im Rahmen der Weltausstellung Expo 2000 steht die Bremer Uni-Professorin Helga Krueger nicht alleine. Die Soziologin, Schwerpunkte Geschlechtersoziologie-Lebenslaufforschung-Pflegewissenschaften, hat zwar „schon läuten hören“, dass sie im kommenden Sommer lehren soll – aber hundert Prozent offiziell erschien ihr das bislang nicht. Auch nicht allzu drängend. Sie steckt mitten in der Vorbereitung eines Kongresses. Die Unterlagen für die „europaweit erste geschlechtsspezifische Universität“ (Selbstdarstellung) liegen irgendwo darunter oder dahinter. Ebenso Susanne Schunter-Kleemann, Hochschul-Professorin mit Schwerpunkt Sozialpolitik und Arbeit, kennt den Rahmen ihrer ifu-Teilnahme noch nicht genau. Erst eine nachdrückliche Anfrage bei der ifu ergibt: Sie wird ein Podium über europäische Arbeitsmarktvergleiche besetzten. „Nur eine Diskussion. Nicht so viel. Genaues werde ich erst später planen“.

Sigrid Schade von der Bremer Uni dagegen sitzt schon – Unterlippe Oberkante – in einem Berg von Arbeit. Die Professorin ist Mitfrau des Zentrums für feministische Studien und nun liegt es bei ihr, die Bremer Beiträge zum ifu-Schwerpunkt „Körper“ zu koordinieren. Zwei Wochen lang werden dazu – im Rahmen des dreimonatigen „Frauenuni-Semesters“ Veranstaltungen auf dem Bremer Campus abgehalten (die taz berichtete).

„Rufen Sie nächste Woche wieder an“, stöhnt Schade. Frühestens dann stehen weitere DozentInnen aus Bremen fest, die an der Frauenuniversität lehren sollen. Vorher weiß auch niemand, welche „Körper“-Themen genau gelehrt werden. In Hannover rechnet man dabei unterdessen auch mit einem Beitrag der Bremer Physik-Professorin und Expertin für Didaktik und Neue Medien, Hannelore Schwedes. Allerdings heißt es aus dem Organisationsbüro der Frauenuni in Hannover auch: „Es kann noch Änderungen geben.“ Immerhin werden über 150 internationale Lehrende erwartet.

Während die Planerinnen sich noch alle Freiheiten nehmen, müssen potentielle StudentInnen sich bis spätestens nächste Woche festgelegt haben. Am kommenden Dienstag (30.11.) nämlich läuft die – bereits um sechs Wochen verlängerte – Bewerbungsfrist für die ifu endgültig ab; bis Januar sollen 900 Bewerberinnen ausgewählt sein. Schon jetzt sind die Angaben in den Bewerbungsunterlagen teilweise überholt. Beispielsweise finden sich auf den Listen der Dozentinnen bislang nur zwei Bremerinnen verzeichnet. Keine Rede von mehr Schunter-Kleemann, Krueger, Schwedes oder Schade. Nur die Bremerinnen Maya Nadig und Béatrice Hecht-El Minshawi werden genannt.

Was die Ethnologin im Uni-Fachbereich Kulturwissenschaften, die Professorin Maya Nadig, den ifu-Teilnehmerinnen zum Schwerpunkt „Migration“ bieten wird, kann vorerst nur spekuliert werden – anhand der Tatsache vielleicht, dass Maya Nadig ein gleichnamiges Uni-Projekt leitet. Denn zurzeit ist die Dozentin krank.

Auch Béatrice Hecht-El Minshawi, ebenfalls offiziell gelistet, ist zurzeit nicht ansprechbar: Die Trainerin für Interkultur und Kommunikation, Chefin der Firma „interkultur“, hat soeben eine längere Australienreise angetreten – was ja quasi ihr Job ist. Im Berufsalltag nämlich rät die promovierte Trainerin in Sachen „Kulturelle Differenz“ vor allem Geschäftsreisenden, wie man die größten Fettnäpfchen in anderen Ländern erfolgreich umgeht. An der ifu wird sie ihr ganzes Wissen einsetzen, für einen Teil der erwarteten rund 900 Frauen aus allen Ländern der Erde ein gemeinsames interkulturelles Trainung anzubieten. „Vielleicht auch den Dozentinnen“, sagt Hecht-El Minshawi. Darüber sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Dass ihr Angebot unter dem Themenschwerpunkt „Wasser“ auftaucht, irritiert sie nicht. Vielleicht deshalb, weil ihre Seminare Titel tragen wie „Riding the waves of culture“. Und Wellenreiten und Wasser gehören ja wirklich zusammen. ede