■ Surfbrett
: Mathematische Wellen an der Aktienbörse

Der Diplomkaufmann Robert Bock ärgert sich täglich über Börsennachrichten. Nicht so sehr, weil er sich verspekuliert hat, sondern weil ihm das Gerede von „Gewinnmitnahmen“, den „Vorgaben der Wallstreet“ oder „fehlenden Käufern“ auf die Nerven geht. Die Börse nämlich ist nicht so simpel gestrickt, wie sich das Broker vorstellen. Spätestens seit dem Jahr 1938 wissen wir mehr über die Bewegungen der Aktienkurse als nur dies, dass sie je nach Angebot und Nachfrage fallen oder steigen. In jenem Jahr erschien das Buch „The Wave Principle“ von Ralph Nelson Elliot. Elliot war Buchhalter. Als er nach einer Krankheit längere Zeit nicht arbeiten konnte, betrachtete er den Dow-Jones-Index mit den Mitteln der neuen Mathematik. Er fand heraus, dass die Kurven Eigenschaften der so genannten Fraktale besitzen. Sie sind sich selbst ähnlich. Die Schlussfolgerungen, die Elliott und seine wenigen Anhänger daraus ziehen, sind dramatisch. Wenn Aktienkurven fraktal sind, dann ist die Börse ein determiniertes Chaos, daher ist der Wert einer Aktie zu jedem Zeitpunkt weder abhängig von Angebot und Nachfrage noch gar von irgendeinem substanziellen Wert des Unternehmens selbst, sondern allein bestimmt durch die mathematischen Gesetze ständig wiederholter, sich selbst ähnlicher Strukturen. Aber sogar Robert Bock warnt auf seiner sehr gut lesbaren Online-Einführung unter home.t-online.de/home/Robert.Bock/ew_frame.htm vor kostspieligen Kurzschlüssen. Elliotts Theorie kann nicht exakt voraussagen, was mein Fondspapier morgen wert ist. Sie gilt nur für längere Zeiträume und große Märkte. Elliot selbst hatte einige Langzeitprognosen gewagt, die sich als zutreffend erwiesen. Einer seiner Nachfolger jedoch erlebte einen gewaltigen Reinfall, als er mit Elliott-Wellen nach 1987 einen weiteren Crash voraussah, der sich dann als Boom herausstellte. Die Elliot-Schüler grübeln seither darüber, wann, wo und ob sie ihre esoterische Theorie anwenden dürfen. Aber das hat Robert Bock nicht daran gehindert, unter www.elliottwave-investor.de/ einen Informationsdienst für Anleger einzurichten, der ab dem 13. Dezember dieses Jahres nur noch gegen Mitgliedsbeitrag zugänglich sein wird. niklaus@taz.de