Holzmänner klotzen ran – Konkurrenz freut sich mit

■ Kaum Euphorie: Auf den Holzmann-Baustellen ist alles, als wäre nichts passiert

Hoch in der Luft dreht sich der Arm des Baukranes, am Boden waten Arbeiter durch knöcheltiefen Schlamm, ein riesiger Schwerlaster holpert über die provisorische Straße, an der Toilettentür prangt ein Deutschland-muss-deutsch-bleiben-Aufkleber – auf der Philipp-Holzmann-Baustelle in der Ebertstraße scheint alles wie immer zu sein. Nur ein paar Gewerkschaftsfahnen, gelehnt an den Geräteschuppen, erinnerten gestern daran, dass einer der größten deuschen Baukonzerne nur knapp der Pleite entronnen ist.

Auf der Baustelle der neuen Landesvertretung von Niedersachsen und Schleswig-Holstein herrscht geschäftiges Treiben, von Euphorie keine Spur. „Natürlich haben wir uns über die Nachricht der Holzmann-Rettung gefreut“, sagt Oberpolier Manfred Lehmann und schaut kurz auf die Uhr. Zum Feiern sei aber keine Zeit gewesen. „Wir mussten ja heute früh wieder raus und voll ranklotzen, um die Termine zu halten.“ Gelassene Betriebsamkeit auch bei den Kollegen der Zulieferer. „Ich fand schon gut, was der Schröder gemacht hat“, sagt Manfred Volke, Fahrer eines Grohmann-Schwertransporters. „Hätte Holzmann Pleite gemacht, würden die Aufträge von anderen kommen.“

So ruhig kann der Geschäftsführer der Berliner Baugewerkschaft, Rainer Knerler, nicht bleiben. „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen.“ Immerhin seien jetzt mehrere Tausend Stellen vorerst gesichert. Ein wenig Angst hätten die Kollegen dennoch. „Das Sanierungskonzept sieht den Wegfall von bundesweit 3.000 Stellen vor.“ Die Berliner dürften aber davon verschont bleiben. Holzmann schreibe hier schließlich schwarze Zahlen, meint Knerler.

Auch die im Sanierungskonzept geplanten Lohneinbußen sind für Knerler kein Thema. „Wir in Berlin sind ja schon in Vorleistung gegangen.“ Seit April dieses Jahres würden die Kollegen schon 4,85 Prozent weniger verdienen.

Positive Reaktionen auf die Holzmann-Rettung gab es auch bei der Konkurrenz. „Ich freu mich für die Arbeitnehmer“, sagte eine Strabag-Sprecherin. Auch für Anne Hanratty, Betriebsrätin bei Hochtief, gibt es keinen Grund, sich über die Schröder-Aktion zu ärgern. Im Gegenteil: „Wären die Holzmänner entlassen worden, wären die in unsere Firma gedrängt“, so Hanratty. Verärgert zeigte sich hingegen die Fachgemeinschaft Bau, in der kleine und mittelständische Unternehmen organisiert sind. Der Kanzler unterstütze die Großkonzerne, lasse aber die kleinen Betrieben im Regen stehen, erklärte Verbandschef Wolf Burkhard Wenkel.

Den Arbeitern in der Ebertstraße ist das egal. Sie sind froh, dass sie weiter arbeiten können. Dabei wollen sie nicht gestört werden. „Gehen Sie aus dem Kranbereich, das ist besser für Sie!“, brüllt einer. Eine Warnsirene heult auf, ein Betonteil schwebt nach oben, ein Arbeiter nestelt an seiner Regenjacke. War da was? Richard Rother