Acht Oberköche kochen neuen Brei

■ In der Nacht zu Freitag verdarben Küchenhilfen beinahe die Koalitionsverhandlungen

Nachdem die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD in der Nacht zum Freitag an der Finanzpolitik fast gescheitert wären, berieten gestern die acht Oberköche beider Parteien. Seit zehn Uhr morgens suchten sie im kleinen Kreis nach einer Einigung. Am Nachmittag stand aber noch nicht fest, ob sie ihren für den Abend einberufenen 24 Küchenhilfen ein Ergebnis vorlegen konnten. Für den Fall, dass sich die Runde aus Diepgen, Landowsky, Liepelt, Werthebach, Böger, Strieder, Ulbricht und Fugmann-Heesing nicht einigen könne, wurde erwogen, die 24-köpfige Verhandlungsrunde am Abend abzusagen.

Bereits in der Nacht zuvor hatten sich die große Runde bei der Finanzpolitik festgebissen. Um Mitternacht hatte ein Ausspruch des Zehlendorfer Bildungsstadtrates Stefan Schlede die Verhandlungen beinahe zum Platzen gebracht. Schlede hatte der SPD vorgeworfen, immer nur an die Finanzen zu denken und keine Visionen für die Stadt zu entwickeln. Dabei griff Schlede auch SPD-Finanzsenatorin Anette Fugmann-Heesing an. SPD-Chef Peter Strieder erklärte daraufhin: „Mit diesem Beitrag ist das Maß des Erträglichen verletzt.“ Auf SPD-Seite begannen alle, ihre Unterlagen einzupacken.

Da schlug Diepgen eine Pause vor. Auch er hatte SPD-Angaben zufolge zuvor einen ausweichenden Kurs in der Finanzpolitik verfolgt: In den Koalitionsverhandlungen sollten nur die Eckdaten des Haushalts 2000 festgelegt werden, nicht aber die mittelfristige Finanzplanung. Inakzeptabel, meinte die SPD.

Die SPD-Delegation versammelte sich zu einer Besprechung im Bürgermeisterinnen-Büro von Fugmann-Heesing. Eine halbe Stunde später klopfte CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky an die Tür und lud die SPD-Spitze zu einem Gespräch im kleinen Kreis. Zu sechst suchten Diepgen, Landowsky, Innensenator Werthebach mit Strieder, Böger und Fugmann-Heesing nach einer gemeinsamen Linie in der Finanzpolitik. Derweil wartete trotz fortgeschrittener Stunde die gesamte Verhandlungsdelegation im Roten Rathaus und vertrieb sich die Zeit mit Skatspielen und Fernsehen. Gegen 1.30 Uhr lieferte die Sechserrunde einen dreiminüten Bericht und vertagte die Gespräche.

Nach Einschätzungen aus CDU und SPD könnten sich die Koalitionsverhandlungen noch über das Wochenende hinziehen. Denn nicht nur die Finanzpolitik ist noch zu klären. Weil diese zunächst im Vordergrund stand, wurden die noch strittigen Sachfragen gar nicht erörtert. Hier sind noch 20 Dissenspunkte abzuarbeiten, die vor allem die Schul- und Innenpolitik betreffen. Ungeklärt ist auch noch der Zuschnitt und die Verteilung der Senatsressorts.

Trotz der Verzögerung der Verhandlungen ist der Zeitplan bislang noch nicht in Gefahr. Wenn es bis Sonntag zu einer Einigung kommt, könnten der CDU-Parteitag wie geplant am 3. Dezember und der SPD-Parteitag am 6. Dezember über die Koalitionsvereinbarung entscheiden. Dann könnten die Senatoren bereits in der Parlamentssitzung am 9. Dezember gewählt werden.

Dorothee Winden