Es gibt noch andere Leidenschaften

■ Bücher von Kindern, die überall ihr Glück suchen, nur nicht in der Schule. Neun interessante Tipps für sinnvolle Geschenke zu Weihnachten

Viele gucken Fußball, manche spielen. Carlos aus einem brasilianischen Elendsviertel spielt sehr gut. Wenn er erst berühmt ist (Andreas Venzke: „Carlos kann doch Tore schießen“, Nagel & Kimche, ab 8 Jahre, 19,80 DM), muss er nicht mehr Autoscheiben putzen. Doch plötzlich scheinen die Tore zu schrumpfen. Carlos kann sie nicht mehr treffen. Aus der Traum. Doch da hat der Opa eine im wahrsten Sinne zauberhafte Idee.

Eigentlich will die neunjährige Meike auf einem Pony über die Wiesen galoppieren. Doch die Lehrer einer klassischen Reitschule sehen das ganz anders. Weil sie zu jung ist, soll sie voltigieren. Weil ihr Traum ein anderer war, sucht sie sich eine andere Reitschule mit Ponys. Hier wird nicht von Dressur geredet, aber lernen muss sie auch. Wer mitlernen will, kann sich schon mal mit den Fachbegriffen vertraut machen. (Elisabeth Rotenberg: „Vom Reiten und Voltigieren“, Oetinger, ab 8 Jahre, 22 DM). Ganz der Malerei widmet sich „Das kleine Museum“ (Le Saux/ Solotreff, Moritzverlag, 29,80 DM). Das Alphabet sorgt für Ordnung in der Kunst. Von Adler bis Zylinder werden 149 gewöhnliche und ungewöhnliche Begriffe aus Gemälden isoliert. Das dickbauchige Cello von Gaugin kommt so zu einem verdienten Solo.

Das Multimusikgenie Leonard Bernstein („Konzert für junge Leute“, Bertelsmann, ab 12 Jahre, 39,90 DM) stellt die Musiktheorie vom Kopf auf die Füße. Plötzlich fügt sich Bachs Fuge, und ganz selbstverständlich bekommen Wortblasen wie Sequenz, Phrase oder Sonate einen beschwingten Inhalt.

„Musik A–Z“ (ars edition, ab 10, 39,90 DM), dieses kleine, bunte Lexikon versucht gleich drei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. 43 Komponisten und eine Komponistin werden alphabetisch geordnet in Kurzfassung vorgestellt und mit 44 Gemälden ihrer Zeit kombiniert. Zu Tschaikowsky tanzen natürlich Degas Ballerinen. Und dazu kann man auf der CD die entsprechende Musik hören.

Eine gute Idee: zwei Bücher, ein Thema, einmal als Bilderbuch und einmal als Roman. Mordicai Gerstein erzählt und illustriert die Geschichte über den Wolfsjungen von Aveyron („Der wilde Junge“, ab 6 Jahre, 28 DM; „Victor“, ab14 Jahre, 36 DM, Freies Geistesleben). Victor, das wilde Kind, wurde 1800 in Südfrankreich gefangen. Er war nicht Roussous edler Wilder. Sein Verhalten war das eines Tieres. Ein junger Arzt machte einen Menschen aus ihm. Victor lernt weinen und lachen, aber er bleibt stumm.

Über Alice im Wunderland von Lewis Caroll muss man nichts mehr erzählen. In der neuen großformatigen Ausgabe, illustriert von Lisbeth Zwerger (Neugebauer, 39,80 DM), ist Alice ungewohnt zart und zauberhaft erwacht. Die bizarren Figuren verstärken treffend den Traumcharakter der Geschichte. Was haben Cliff Richard, die Byrds und Nancy Griffith gemeinsam? Ein Lied von Julie Gold, „From a distance, the world looks blue and green ...“. Jane Ray machte daraus ein Bilderbuch („Aus der Ferne“, Urachhaus, 24,80 DM). Ihr naiver, folkloristischer Stil verstärkt eindringlich den Text gegen Gewalt und Krieg.

„Dunkel wars, der Mond schien helle“, wer kennt das Gedicht nicht, aber wer kann es mit allen Strophen? Das und noch unendlich viel mehr an lustigen und ernsten Versen, Reimen und Gedichten haben R. S. Berner und E. Jacoby für ein Hausbuch der Poesie gesammelt (Gerstenberg, 39,80 DM). Das originellste ist die Kurzfassung vom Erlkönig von einem unbekannten Schüler: Vadda und Kind/ Reiten im Wind/ Kommt'n Mann/ quatscht se an/ Ob der Kleene/ Nichmitkomm' kann/ Vadda sacht: nee/ Kind wehweh/ Vadda nach Haus/ Kind tot, aus.

Gabi Trinkaus