Tötet den Präsidenten!

■  Fünf Serben sollen die Ermordung von Slobodan Milosevic geplant haben – im Auftrag des französischen Geheimdienstes. Paris spricht von absurden Hirngespinsten

Belgrad (rtr/taz) – Sollte Frankreich dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag einen Teil seiner Arbeit abnehmen und dem Beton-Serben Slobodan Miloševic selbst den Garaus machen wollen? Glaubt man jedenfalls den Worten des Belgrader Außenministers Goran Matic, existieren mit Rückendeckung der Pariser Regierung bereits mehrere Szenarien für das gewaltsame Ableben des jugoslawischen Staatspräsidenten.

Am Donnerstag hatte Matic die Festnahme von fünf Serben bekannt gegeben, die Miloševic im Auftrag des französischen Geheimdienstes hätten ins Jenseits befördern sollen. Die Gruppe unter dem Decknamen „Spinne“ habe, so Matic, bereits seit 1996 vier verschiedene Szenarien für ein Attentat auf Miloševic ausgearbeitet.

So sollte der Präsident gemäß der ersten Variante durch Heckenschützen oder Handgranaten aus dem Weg geräumt werden. Dem zweiten und dritten Plan zu Folge habe Miloševic eine Autobombe oder ein an seinem Dienstwagen deponierter Sprengsatz zum Verhängnis werden sollen. Das letzte Szenario habe die Erstürmung der Residenz von Miloševic durch ein zehnköpfiges Spezialkommando vorgesehen.

Laut Matic sollen die Verhafteten unter anderem auch an Gräueltaten gegen Albaner während des Kosovokrieges beteiligt gewesen sein. Der Chef der Bande, Jugoslaw Petrusic, sei, so Matic, seit zehn Jahren Mitglied des französischen Geheimdienstes und während dieser Zeit in Bosnien aktiv gewesen. Auch an dem Massaker an rund 7.000 Muslimen 1995 in der UN-Schutzzone Srebrenica soll Petrusic beteiligt gewesen sein.

In Befragungen soll Petrusic ausgesagt haben, auf Befehl seines Pariser Arbeitgebers 50 Menschen umgebracht zu haben. „Frankreich hat mit diesen Leuten einen Deal gemacht. Sie würden so lange nicht dem UN-Tribunal in Den Haag überstellt, wie sie für den Geheimdienst arbeiten“, sagte Matic.

Frankreichs Staatschef Jacques Chirac und sein Premierminister Lionel Jospin, die gestern an einer Konferenz in London teilnahmen, zogen es vor, zu den Beschuldigungen keine Stellungnahme abzugeben. Das Außenministerium kam an einer Reaktion nicht vorbei. Dessen Sprecher Francois Rivasseau sagte, die Äußerungen von Matic entbehrten jeder Grundlage. In diplomatischen Kreisen der Hauptstadt war die Rede von einem „absurden Hirngespinst“. Ein hochrangiger französischer Vertreter, der anonym bleiben wollte, erklärte, solche Vorwürfe würden regelmässig erhoben und könnten nur einer blühenden Fantasie entspringen. bo