Hosenklemmen und Heiratsanträge    ■ Von Ralf Sotscheck

Ob Nieselregen oder Sonnenschein – ein Gesprächsthema ist das Wetter allemal, da die Iren täglich aufs Neue über ihr Klima staunen. Der Wetterbericht im Fernsehen hat höchste Einschaltquoten, und das nicht nur, weil die Grüne Insel nach wie vor Agrarland ist. Der Wetterbericht gab bisher auch Ratschläge, wann der richtige Augenblick sei, um die Wäsche zum Trocknen herauszuhängen, was einen freilich nicht von der Verpflichtung entband, den Himmel im Auge zu behalten, denn wie die Lottozahlen gibt es den Wetterbericht nur ohne Gewähr.

Den Ansagern vom Meteorologischen Amt, dem „Met Office“, nahm man das nicht krumm, manch einer, wie Gerald Fleming, brachte es sogar zum Medienstar. Die Zeitungen berichteten, dass er noch ledig sei, und weil er nach der Wetterkarte zum Abschied kurz mit dem rechten Auge blinzelte, erhielt er wäschekorbweise Briefe von heiratswilligen Frauen, die davon überzeugt waren, dass nur sie mit dem Blinzeln gemeint sein konnten. Selbst Aidan Nulty, einer unserer Nachbarn, erhält bisweilen Post von weiblichen Fans, denn im Fernsehen sieht man dank Schminke und Kamerawinkel nicht, dass er klein ist und eine knallrote Nase hat. Und die Hosenklemmen, die er trägt, wenn er zur Arbeit ins Meteorologische Amt radelt, sind auch nicht im Bild.

Das Amt ibefindet sich in einem modernen, aber eigenartigen Gebäude. Es sieht aus wie eine Hutschachtel, die nach unten immer breiter wird. Die schrägen Mauern sind mit riesigen, spiegelnden Kacheln verkleidet, die das Sonnenlicht – sofern vorhanden – reflektieren und dadurch den Eindruck erwecken, als würden die Meteorologen das Wetter nicht nur vorhersagen, sondern es in ihrem Amt auch verschönern. Anfangs ging das schief: Das Gebäude war kaum eingeweiht, da fielen die ersten Kacheln herunter, so dass der Bürgersteig gesperrt werden musste.

Die Iren gewöhnten sich an das Amt und seine Insassen, nur dem Staatssender RTE wurde die Sache langsam zu altmodisch. Wenn man schon das Wetter nicht ändern konnte, so doch wenigstens den Wetterbericht, schließlich ist Irland Wirtschaftswunderland und will weg vom Torfkopf-Image. So engagierte RTE ein jung-dynamisches Team, zwei Frauen und einen Mann, die zwar Federwolken nicht von Haufenwolken unterscheiden können, sie aber hübsch präsentierten. Einmal spielte ihnen jemand einen Streich und hängte eine alte Wetterkarte hin, auf der strahlender Sonnenschein zu sehen war, während die Ansagerin eine Sintflut ankündigte.

So viel Ahnungslosigkeit passte vielen Iren nicht, es hagelte Beschwerden. Ein Noel Carroll aus Long Island – dem Original in Cork, nicht der Nachahmung in New York – gründete sogar eine Bürgerinitiative, die „Met Eireann Support Group“. RTE musste einlenken, die Meteorologen dürfen demnächst wieder ins Fernsehen. Das aber rief eine neue Bürgerinitiative auf den Plan. Sie verlangt, die drögen Wetterfrösche bloß nicht zurückzuholen. Vielleicht sollte man die irischen Kabinettsminister für den Job engagieren. Nach den ganzen Lügenmärchen in Verbindung mit Korruption und Steuerhinterziehung würde niemand erwarten, dass das Wetter irgendeine Ähnlichkeit mit dem Wetterbericht hätte.