■ Abtreibung: Rückzugsgefechte der Bischöfe

Stell dir vor, die Bischöfe beschließen den Ausstieg aus der Schwangerenberatung und keiner hält sich dran. Erst am Dienstag hatten sich die Kirchenoberen mehrheitlich darauf geeinigt, die Schwangerenberatung im kommenden Jahr neu zu ordnen. Gestern gab ihr Vorsitzender Karl Lehmann in der Bild am Sonntag zu Protokoll, wie er sich den Rückzug der Kirche vorstellt: Statt des Scheins sollten die Frauen künftig eine eidesstattliche Erklärung darüber abgeben, dass sie beraten worden sind. So könnten sie auch nach der Beratung durch eine katholische Institution weiter abtreiben lassen. „Wir haben jetzt noch die Chance, ohne jeden Trick und ohne formelle Spielchen alles, was in dieser Richtung dienlich sein kann, zu überprüfen“, sagte Lehmann, selbst einer der engagiertesten Kämpfer für den Verbleib der Kirche im Beratungssystem. In jedem Fall müsse wohl der Abtreibungsparagraph 218 geändert werden.

Dabei hatte Lehmann selbst noch in der vorigen Woche davor gewarnt, die Entscheidung des Papstes „irgendwie zu unterlaufen“. Der hatte die deutschen Bischöfe aufgefordert, künftig keine Beratungsscheine mehr auszustellen. Die Scheine sind nach Paragraph 218 für eine straffreie Abtreibung in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten erforderlich. Die Bischöfe wollten jedoch prüfen, ob die Kirche weiter in der gesetzlichen Schwangerenberatung verbleiben kann. Mehrere Kirchenvertreter, wie der Limburger Bischof Franz Kamphaus, hatten gar angekündigt, am Schein festzuhalten und darüber auch mit staatlichen Stellen zu verhandeln.

Einen Verbleib der katholischen Kirche in der Schwangerenberatung ohne Schein lehnen jedoch sowohl Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) als auch die Länder ab. Der Bund werde eine solche Lösung nicht finanzieren, so die Ministerin, da sie den gesetzlichen Vorschriften widerspreche.

Nicole Maschler