■ Mit der WTO-Tagung auf du und du
: Scharfes Handelskalkül in Seattle

Die Welthandelsorganisation WTO ist 1994 als Nachfolgerin des Zoll- und Handelsabkommens Gatt (General Agreement on Terms and Trade) entstanden. Sie zählt derzeit 136 Mitgliedstaaten. Von diesen gehören rund 100 zu den so genannten Entwicklungsländern.

Die WTO verfolgt das Ziel eines weltweit freien, unbeschränkten Handels. Tatsächlich ist es bisher gelungen, die Zölle der Mitgliedstaaten massiv zu senken und damit die Grenzen zu öffnen.

Worum es bei der nächsten Verhandlungsrunde – wenn sie denn zu Stande kommt – gehen wird, hängt davon ab, ob es eine „große“ oder eine „kleine“ Runde werden wird. Eine kleine Runde würde sich auf das Wiederaufwärmen der Uruguay-Runde beschränken, auf den Zankapfel in der Landwirtschaft: Agrarexportierende Länder fordern von der EU, ihre Agrarsubventionen abzubauen. Nur so könnten andere Länder ihre Agrarprodukte zu fairen Wettbewerbsbedingungen in Europa anbieten. Die EU plädieren für eine möglichst große Runde über die Agrarverhandlungen hinaus. Sie kalkulieren dabei so: Wenn viele Themen diskutiert werden, gibt es mehr Spielraum für Zugeständnisse bei der Landwirtschaft, um im Gegenzug Forderungen an die Anderen zu stellen, beispielsweise bei der Einführung von Umwelt- und Sozialstandards. Unterstützung erhalten die Europäer von anderen stark subventionierenden Ländern.

Auch die Schwellenländer treten als geeinte Front auf. Länder wie Brasilien, Indien, Malaysia und Ägypten haben sich zu den „G 15“ zusammengeschlossen. Sie wehren sich gegen eine neue Verhandlungsrunde und fordern statt dessen mehr Zeit für die Umsetzung der Beschlüsse der Uruguay-Runde. So lange diese ihnen keine Vorteile bringen, stimmen sie einer weiteren Handelsliberalisierung nicht zu.

Daneben setzt sich unter der Führung von Pakistan die „Gruppe der 77“ dafür ein, dass jedes Land seine Agrarpolitik nach seinen eigenen Bedürfnissen gestalten soll. Entwicklungsländer sollen so lange von der Liberalisierung ihres Handels ausgeschlossen bleiben, bis ihre Märkte wettbewerbsfähig sind. Im Gegenzug sollen die Industriestaaten ihre Märkte nicht länger subventionieren, sondern fairen Wettbewerb zulassen. kk