Juristisch sicherer Ausstieg?

■ Die grünen Basisvertreter sagen zu Trittin und Fischer: Atomausstieg jetzt! Klaus Möhle, Bremer Grünen-Vorstand war bei dem geheimen Treffen dabei

Geheimtreffen? Na ja: Etliche Kamerateams standen bereit, als sich Joschka Fischer und Jürgen Trittin am Montagabend in Berlin mit Vertretern der grünen Parteibasis aus den Bundesländern trafen, um das Konzept zum Atomausstieg zu diskutieren. An dem Treffen nahm auch der Landesvorstandssprecher der Bremer Grünen, Klaus Möhle, teil.

taz: Die Formel „30 plus drei“ – dreißig Jahre Laufzeit für Atomkraftwerke plus drei Jahre Karenzzeit – scheint bei der Grünen-Basis nicht besonders gut anzukommen. Haben sich die Parteiprominenten gestern auf die Position der Basis eingelassen?

Klaus Möhle: Wir Landessprecher wollten den Verhandlungsführern Trittin und Fischer klar machen, dass sie mit „30 plus drei“ an der Partei vorbei agieren, und dass das nicht geht. Wir haben sehr deutlich gemacht, dass wir mit dem jetzigen Verhandlungsergebnis nicht leben können und wollen. Wir waren außerdem einhellig der Meinung, dass es auf einer Delegiertenkonferenz keine Mehrheit für eine „30 plus drei“-Regelung geben würde.

Und? Wie haben Trittin und Fischer reagiert?

Ich glaube, Trittin und Fischer hatten tatsächlich die Hoffnung, dass die Landesvorstände nach Hause fahren und versuchen, das Ergebnis positiv zu vertreten. Sie haben versucht, uns mit juristischen und politischen Argumenten zu überzeugen. Aber was die juristische Seite angeht, bin ich sicher: Da wird man nie auf einer absolut sicheren Seite sein. Ob wir nun „25 plus eins“ oder „30 plus drei“ beschließen – so oder so kann es passieren, dass ein Bundesland oder ein Energieerzeuger gegen diesen Beschluss klagen wird. Und wie das Gericht entscheidet, weiss man vorher nicht. Sich einzubilden, man könne den Ausstieg aus der Atomenergie juristisch sicher machen, halte ich für Traumtänzerei.

Scheuen Trittin und Fischer die hohen Kosten?

Der Grundgedanke ist, den Ausstieg entschädigungsfrei hinzubekommen. Doch letztendlich ist das keine juristische Frage, sondern eine Frage des politischen Primats. Die Grünen sind angetreten mit der Aussage: Atomausstieg jetzt. Das geht nicht so leicht, wie wir uns das erhofft haben, das ist inzwischen klar. Dennoch ist völlig klar: „30 plus 3“ kann man nicht als Erfolg darstellen. Damit würden wir nicht nur mit der Anti-AKW-Bewegung teuflische Schwierigkeiten bekommen, sondern auch parteiintern.

„30 plus drei“ wäre kein Erfolg?

Das sehe ich so, ja.

Und die Verhandlungsführer?

Die sehen das ganz anders. Nach ihnen muss man froh sein, dass in die Debatte wieder Leben gekommen ist. Ich habe auf der Sitzung gesagt: „Wir haben unglaubliche Sehnsucht nach Erfolg“. Daran entzündete sich die Debatte: Ab wann ist etwas ein Erfolg? Einig waren wir uns, dass es nicht nur um irgendwelche Jahreszahlen geht, sondern darum, den Einstieg in die Energiewende deutlich zu machen. Uran muss besteuert werden, die Rücklagen der Energieunternehmen müssen genutzt werden, zum Beispiel. Und doch: Mit den Jahreszahlen wird festgelegt, ob in dieser Legislaturperiode noch ein Meiler vom Netz geht. Und das Bedürfnis ist groß.

Wie geht es denn jetzt weiter?

Mit dem Stimmungsbild vom Montag wird jetzt noch einmal in den Koalitionsausschuss gegangen. Eine Sonderdelegiertenkonferenz wird es nicht geben, da im März ohnehin ein Treffen stattfindet. Aber auf dem Parteitag im März wird der Atomausstieg im Mittelpunkt stehen, dass hat der Bundesvorstand zugesagt. Fischer und Trittin haben angeboten, durch die Bundesländer zu touren, um sich dem Parteivolk zu stellen.

Fragen: cd