„Coming back to collect some dues“

■ Soul Power: Nicht erst seit Tarantino ist Blaxploitation ein Synonym für Cool. Mit The Mack und Truck Turner zeigt das Fama zwei Klassiker, die auf das afroamerikanische Publikum der frühen 70er Jahre zielten

„Dieses Publikum hatte ein Recht auf Rache“, schrieb Greil Marcus einmal über die innerstädtischen, afroamerikanischen Kinogänger der Post-Civil Rights-Ära. In Watts hatten sich die Rauchschwaden verzogen, Malcom X war tot, Martin Luther King auch, der Black Panther Huey P. Newton und viele seiner Genossen saßen im Knast, in Vietnam tobte ein Krieg und auf den Straßen der riot, den Sly Stone besang. Und nicht nur in Coppolas Der Pate hatten die Dons die Entscheidung getroffen, die schwarzen Ghettos mit billigem Heroin zu überfluten.

Die Bilder, die Hollywood diesem schwarzen Publikum anzubieten hatte, setzten sich aus Beleidigungen mit einer langen Kinotradition zusammen – besorgte Hausmütterchen, Onkel Toms und ständig grinsende Chauffeure. Im besten Falle waren es den Liberalismus der 50er Jahre verkörpernde schwarze Stars wie Harry Belafonte oder Sidney Poitier, die mit jeder ihrer entsexualisierten Bewegungen sagten: erdulden, erdulden, moralisch stärker sein, better must come one day.

Die Rache kam in Form eines neuen schwarzen Helden. Er hörte auf Namen wie Sweetback, John Shaft oder einfach Black Caesar, sah glamourös aus, sprach eine realistische Sprache und bewegte sich souverän durch die Gegenden, in denen tatsächlich Afroamerikaner wohnten. Und vor allem war er nicht mehr auf „Whitey“ angewiesen, sondern kehrte dessen paternalistische Spielregeln zum ersten Mal um.

Als wäre Amerikas schlimmster Alptraum wahr geworden, standen Figuren wie Goldie (Max Julien) im Pimp-Epos The Mack (1973) vor ihren stereotypisierten weißen Gegenspielern, und sprachen nicht von Integration und Verständigung, sondern Sätze wie: „You know what your problem is? You wanna be me. You'd like to have my clothes, youd like to have my money and get into my big car. You'd like to have some of the pretty women I got, especially the pretty white one I just left in the restaurant. I bet you have a problem with women. And, in fact, you'd even like to look like me.“ Neben dem in Tarantinos unterschätztem Jackie Brown qua Soundtrack geadelten Across 110th Street bleibt The Mack bis heute einer der bes-ten Filme der Dekade. Nicht zuletzt, weil in ihm die politischen Grenzen des Gangsterism selten deutlich werden.

Blaxploitation aber war zuallererst identitätsstiftendes B-Kino, das nicht so sehr über seine comic-artigen und oft auch vor Sexismen strotzenden Plots funktionierte, sondern über Momente des Spektakels: als Mode, als Wiedergewinnung des aus der Hollywood-Tradition verdrängten Körpers, als Ausdruck spontanen Zorns und natürlich als sinnliche Kombination von Bild und Musik – ganz egal, ob die nun von Bobby Womack, Curtis Mayfield oder Willie Hutch verfasst wurde. Kaum jemand aber verkörperte die Soul Power der Blaxploitation-Ära besser als Isaac Hayes. In Truck Turner (1974) spielt der Oscar-Gewinner und Shaft-Komponist einen Kopfgeldjäger, der an der Seite von Lt. Uhura Zuhälter und Drogenhändler jagt, um sich dann in einem Krankenhaus zum Shoot-Out einzufinden. Wie bei allen Blaxploitation-Filmen ist der Soundtrack natürlich auch hier besser als der Film. Der stammt bei Truck Turner nur dummerweise ebenfalls von Isaac Hayes... Tobias Nagl

The Mack: Fr, 3. + Sa, 4.12. Truck Turner: Fr., 10. + Sa, 11.12., jeweils 22.45 Uhr, Fama