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Jurist mit Schwung

Freundlich, zeitgemäß, teamorientiert: der neue Opern-intendant Louwrens Langevoort  ■ Von Eberhard Spohd

Auf seinem ersten semioffiziellen Termin zeigte er sich so routiniert, wie ein langjähriger, erfahrener Intendant nur sein kann. Anlässlich der Premiere des Balletts Messias von John Neumeier am Sonntagabend schüttelte Louwrens Langevoort freundlich Hände und ließ sich mit Sponsoren und Donatoren der Hamburgischen Staatsoper für die Familienalben fotografieren. Ein „aber selbstverständlich“ kommt dem kommenden Indendanten an der Dammtorstraße leicht über die Lippen, wenn man ihn nur höflich um etwas bittet.

Freundlich zu sein, dürfte dem Niederländer zur Zeit auch leicht fallen. Am 1. August 2000 tritt er offiziell eine für ihn traumhafte Stelle an. An einem renommierten Opernhaus mit befreundeten Menschen das zu tun zu können, was einem vorschwebt: So einen Job bekommt man im Kulturbetrieb, zumal im subventionierten, eher selten angeboten.

Doch das Angebot kam nicht überraschend: Mit Schwung und Ideen hat Louwrens Langevoort die niederländische Tourneebühne „Nationale Reisopera“ mit Sitz in Enschede während seiner vierjährigen Intendanz nach vorne gebracht. Namhafte und spannende Regisseure wie Willy Decker, George Tabori und der auch in Hamburg hinlänglich bekannte Peter Konwitschny haben bereits dort inszeniert. Aber auch junge Talente bekamen von dem 42-Jährigen die Chance, eine eigene Handschrift zu entwickeln.

Zum Beispiel der Hamburger Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher. „Ich habe ihn in Brüssel kennengelernt“, erzählt Langevoort, „als ich unter Gerard Mortier meine ersten Erfahrungen an einem Opernhaus sammeln konnte.“ Schnell sei ihm die Begabung des damals 31-Jährigen aufgefallen. Als dann Christoph von Dohnanyi bei einer Inszenierung von Franz Schrekers Der ferne Klang ausfiel, sprang Metzmacher ein. „Ich habe ihm das sofort zugetraut“, erinnert sich Langevoort.

Bevor er zur Oper kam, arbeitete er als Journalist und absolvierte „Allgemeinbildung für Erwachsene“ – ein Jurastudium („das habe ich abgeschlossen“) – sowie ein Studium der Musikwissenschaft („nicht abgeschlossen“). Aber schon zu Zeiten, als er noch die Jurisprudenz erlernte, war für ihn immer klar: „Ich will an die Oper.“

Dort verbinden ihn die ähnlichen Vorlieben mit seinem kommenden GMD: „Ich setze auf zeitgemäße Inszenierungen guter Regisseure, die kontinuierlich mit dem Ensemble Stücke erarbeiten. Eine wichtige Rolle wird dabei sicher weiterhin der Peter Konwitschny spielen.“ Der Niederländer setzt sich dafür ein, die Standardstücke des Opernrepertoires immer wieder neu zu interpretieren. Bei seinen bisherigen Tätigkeiten hat er stets die Wiederbelebung der Barock-opern unterstützt, aber auch Stücke der Klassischen Moderne gespielt. „Ich möchte, dass ein Regisseur darüber nachdenkt, was eine Oper heute bedeutet und wie man sie in eine Theatervorstellung ummünzt, die einem Publikum von heute wirklich etwas zu sagen hat“, sagte er einmal.

Die Moderne liegt ihm allerdings dabei besonders am Herzen: „Wie soll sich die Oper weiter entwickeln, wenn man nicht die großen Stücke dieses Jahrhunderts spielt? Die Leute sind neugierig, aber da nach Turandot nichts gespielt wird, wissen sie nicht, in welcher Opernzeit sie eigentlich leben.“ Häuser, die sich diesen Problemen nicht stellen, werde das Publikum „wegschrumpfen“.

Was er genau in Hamburg vorhat, möchte Langenvoort aber zunächst nicht verraten. Die Spielzeit 2000/2001 sei ohnehin schon weitgehend vorgeplant, so dass er erst anschließend dem Programm so richtig seinen Stempel aufdrücken kann. Im neuen Jahr wollen Metzmacher, der kaufmännische Direktor Detlef Meierjohann und er sich zusammensetzen, um im Team da-rüber zu entscheiden. Im Team zu arbeiten, ist für Langevoort ohnehin entscheidend: „Wir können nur zusammen tolle Oper bieten. Was nutzt mir ein guter Sänger, wenn der Rest des Ensembles nicht mitkommt?“

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