Der Macho-Abwehrfront zuvorkommen

■ Italiens Regierung will das Sommerloch nutzen, um das Strafrecht in Sachen Vergewaltigung endlich zu reformieren

Rom (taz) – Nach einer beispiellosen Serie von Vergewaltigungen will Italiens Regierung nun mitten im Sommerloch ein Problem lösen, an dem sich zwei Jahrzehnte lang mehr als ein Dutzend Administrationen die Zähne ausgebissen haben: die Reform des Sexualstrafrechts. Daß diese dringend notwendig ist, bestreitet im Land niemand: Noch immer wird Vergewaltigung in Italien nicht als Verbrechen gegen die Person behandelt, sondern lediglich als Verstoß gegen die Moral, als eine Art öffentliches Ärgernis, mehr nicht. Die lächerliche Strafandrohung von maximal vier Jahren ist nach dieser Logik nur folgerichtig.

Ende der 80er Jahre hatte es zeitweise so ausgesehen, als würde eine Koalition quer durch die Parteien, vorangetrieben vor allem von den Frauen im Parlament, die Reform endlich unter Dach und Fach bringen. Vorgesehen war einerseits eine Liberalisierung im Jugendsexualstrafrecht: Einverständlicher Geschlechtsverkehr zwischen Gleichaltrigen zwischen 14 und 17 Jahren sollte straffrei bleiben.

Andererseits sollten alle anderen Delikte stärker bedroht werden – statt der lahmen „Verführung Minderjähriger“ durch Erwachsene sollte Geschlechtsverkehr auf dieser Ebene in jedem Falle als Vergewaltigung eingstuft werden. Der Strafrahmen sollte auf bis zu zehn Jahre (bei Vergewaltigung durch mehrere Personen) ausgedehnt werden.

Und vor allem sollte die Behandlung vor Gericht erleichtert werden. Nicht mehr nur die „volle Penetration“ sollte als Vergewaltigung geahndet werden, sondern auch die Nötigung zu sexuellen Handlungen. Begrapschen und sexistische Bemerkungen sollten unter Strafe gestellt werden. Und: Frauenorganisationen sollten in bestimmten Fällen als Nebenklägerinnen vor Gericht auftreten dürfen, um dem Opfer bei der Verhandlung beizustehen.

Doch dann brach die Frauenkoalition im letzten Augenblick auseinander, eine unheilige Allianz aus Christdemokraten und Neofaschisten kippte das Gesetz in letzter Minute. Die Regierung Dini möchte nun auf der Basis der Gesetzentwürfe von damals tätig werden, möglicherweise sollen einzelne Bestimmungen daraus bereits vorab per Verordnung sofort eingeführt werden.

Wahrscheinlich, so der Kommentar einiger Frauenverbände, sei die Behandlung der Angelegenheit während des Sommerlochs auch die einzige Chance, die Reform wirklich durchzubekommen – „ehe sich erneut eine Abwehrfront unserer Machos im Parlament bildet“. Werner Raith