Farewell Kurz- und Mittelwellensender?

■ Der Entwurf einer Elektrosmog-Verordnung verschreckt die Industrie

Berlin (taz) – Die Reichweite der Radiosender im Kurz-, Mittel- und Langwellenbereich müßte auf etwa fünf Prozent abgesenkt werden, um die neuen Grenzwerte der geplanten Bundesverordnung zum Elektrosmog zu erfüllen, warnt Gerd Friedrich von der Forschungsgemeinschaft Funk, einem Zusammenschluß von Rundfunkindustrie und Funkern. Die betroffenen Sender wären dann nur noch vereinzelt zu empfangen. Die Alternative wäre, ein Gebiet von 400 bis 500 Meter um die Sendemasten herum zu sperren. Derzeit sind es nur 150 Meter.

Genauso wäre laut Friedrich mit der neuen Verordnung der Transrapid nicht mehr genehmigungsfähig, weil die Schwebebahn mit ihren starken Magnetfeldern nicht mehr durch bevölkerte Gebiete brausen dürfte. Und die Hochspannungsmasten der Stromindustrie müßten dann „gewaltig erhöht werden“, so Friedrich. In dichtbevölkerten Gebieten müßten die Trassen umgelegt werden.

Der Entwurf der neuen Verordnung schreibt Grenzwerte für die Stärke der elektrischen und magnetischen Belastung von Menschen vor. Im Bereich der Wellen mit einer Schwingungsfrequenz von 100 bis 1.000 Kilohertz – genau der Bereich der oben erwähnten Radiosender – würden die Grenzwerte bis auf ein Siebzigstel der bisher in der DIN-Norm 0848 vorgeschriebenen absinken. UKW- und Fernsehstationen sowie Mobilfunk wären hingegen kaum betroffen, sie arbeiten bei höheren Frequenzen. Gerd Friedrich von der Forschungsgemeinschaft Funk findet die neuen Grenzwerte übertrieben niedrig. „Sie sind um den Faktor 500 niedriger als die von internationalen Experte empfohlenen. Wir haben Tausende von Studien zu den Wirkungen von Elektrosmog auf den Menschen ausgewertet. Es tut sich nur etwas bei weit höheren Energien“, meint er. Auch nach Ansicht einer Expertengruppe des BUND gibt es noch keine sicheren Beweise für Krebs durch Elektrosmog oder Auswirkungen auf das Immunsystem – schon allein, weil die Forschung dazu noch in den Kinderschuhen steckt. Die Anzeichen dafür würden sich jedoch immer mehr verdichten, so Karin Mast vom Arbeitskreis Gesundheit des BUND. rem