Club Mditerrane auf Atomtestinsel

■ Nach Abschluß der Bombentests will Frankreich Moruroa zivil nutzen / Abrüstungsverhandlungen mit vielen Ausnahmewünschen / Australisch-französische Wirtschaftsbeziehungen sollen doch nicht leiden

Berlin (taz/rtr/AFP) – Wenn im nächsten Mai die letzte Atombombe auf Moruroa explodiert ist, will Frankreichs Regierung einen Club Méditerranée auf der Pazifikinsel einrichten. Sollten sich dort nicht genug UrlauberInnen amüsieren wollen, könnte man ja auch ein paar WissenschaftlerInnen hinschicken – zur Beobachtung der Umwelt. Das schlug der Sprecher des französischen Außenministeriums, Yves Doutriaux, am Mittwoch in Chicago vor.

Auch bei den Abrüstungsverhandlungen in Genf tat sich der französische Vertreter durch Zynismus hervor. „Jeder Atomwaffenversuch und jede Atomexplosion“ müsse künftig unterbleiben – sobald, ja, sobald Frankreich seine Testserie im nächsten Frühjahr abgeschlossen hat. Dann will die Regierung in Paris sogar Laborexplosionen mit geringer Sprengkraft ächten, die die anderen Atommächte auch nach dem für 1996 angesetzten Vertragsabschluß weiter durchführen wollen. China nutzt offenbar ebenfalls die Zeit bis 1996, um weitere Versuche durchzuführen. Nach Informationen von Greenpeace wird auf dem Testgelände Lop Nor wahrscheinlich schon in den nächsten Tagen eine Zündung stattfinden.

In der Pazifikregion wird unterdessen darüber spekuliert, ob die französischen Atomtests vielleicht heimlich vorgezogen und auf eine andere Insel verlegt werden. Die in Pepeete erscheinende Zeitung La Depeche de Tahiti berichtet, daß sowohl auf Moruroa als auch auf dem 40 Kilometer entfernten Fangataufa-Atoll umfangreiche Aktivitäten liefen. Auf Fangataufa bohrten Arbeiter einen Schacht. Weil die Lagune der Insel schmaler sei, könnte sie leichter gegen ProtestiererInnen abgesperrt werden. Der französische Verteidigungsminister Charles Millon dementierte eine Änderung der Testpläne: Die Versuche sollten wie angekündigt zwischen September und Mai ausschließlich auf Moruroa stattfinden.

Während die australischen KonsumentInnen in den letzten Wochen 30 bis 40 Prozent weniger Beaujolais und Burgunder kauften als sonst, versucht die Regierung in Canberra jetzt, eine Störung der Handelsbeziehungen zu verhindern. Australien schätze Frankreichs Präsenz im Pazifikraum, beteuerte der australische Botschafter Alan Brown im Le Figaro. Letzte Woche war der französische Flugzeughersteller Dassault-Breguet von einem Auftrag der australischen Luftwaffe für 40 Ausbildungsflugzeuge ausgeschlossen worden, woraufhin Frankreich seinen Botschafter zurückrief und damit drohte, künftig weder Kohle noch Uran in Australien zu kaufen. Der wirtschaftliche Einfluß Australiens und Neuseelands auf Frankreich ist gering: Weniger als ein Prozent der Exporte im Wert von umgerechnet 2,3 Milliarden Mark gehen dorthin. aje