Die Vulva kann singen

■ Betrüblich: Das „Theater Orange“ mit Nievas „Der Schimpf- und Schandkrieg zwischen Opalos und Tasia“ im Phonodrome

Wenn sich Frauen richtig in die Haare bekommen, geht es mit Sicherheit um einen Mann. So auch in Der Schimpf- und Schandkrieg zwischen Opalos und Tasia von Francisco Nieva: Dort streiten sich eine Gemüsefrau und eine Lumpensammlerin um einen ganz besonders Begabten. Oder gut Trainierten. Schließlich arbeitet er als Callboy. Bis die rasend eifersüchtigen Frauen das mitbekommen, knipsen sie sich fast gegenseitig die Lichter aus.

Das könnte dramatisch sein. Oder erheiternd. In der deutschen Erstaufführung unter der Regie von Peter Ohrt, dem Leiter des „Theaters Orange“, wartet man allerdings vergeblich auf Spannung, geschweige denn dauerhafte Unterhaltung. Dabei ist erst mal alles auf experimentell eingestellt, tritt man doch im Musikclub Phonodrome auf. Gleich zu Beginn hält kräftiger Drum & Bass dem ermüdenden erotischen Geplänkel zwischen Gemüsefrau Tasia (Hille Kornagel) und ihrem Pagen (Carlos A. Goiach) die Stange. Bevor der Zuschauer nach beihnahe 15 Minuten völlig vergessen hat, wie das noch mal war mit der Erotik, ruft die Dame Vinagre (Inka-Charlotte Palm) auf zum Schaukampf zwischen Tasia und Opalos (Claudia Buß), „den berühmten Damen der Bettlerzunft“.

Solange die Feindseligkeiten verbal ausgetragen werden, klingen auch die griffigen Metaphern Nievas durch. Seine teilweise altertümlich anmutende Sprache birgt allerhand Witz, der betrüblicherweise nicht selten zwischen summenden Boxen und Lüftung versiegt. Je handgreiflicher es aber bei den Schauspielerinnen zugeht, des-to unzusammenhängender erscheint die Geschichte. Tasia kauert mit gebrochenem Herzen am Boden, und Opalos findet zwischen ihren gespreizten Beinen ihr Kapital: Ihre Vulva kann singen.

An dergleichen Pathos und Kosenamen à la „hohe Sonne meines Herzens“ übernehmen sich die Schauspielerinnen gehörig. Auch Palms verzweifeltes Bemühen um distanzierte Polemik in diesem Possenspiel scheitert kläglich. Ihre Frage „Was soll die Litanei?“ bleibt unbeantwortet. Liv Heidbüchel

heute bis Sonntag und 10. bis 12. Dezember, 20 Uhr, Phonodrome, Beim Trichter 1