Zynismus gegen die Junta

■ Der nigerianische Oppositionelle Wole Soyinka vor liberalem Publikum

Bonn (taz) – Der schwarze Humor Wole Soyinkas vertrug sich nur schwer mit der gediegenen Atmosphäre im politischen Club der Friedrich-Naumann-Stiftung. Dort berichtete der prominenteste politische Flüchtling Nigerias und Literaturnobelpreisträger am Mittwoch abend über die Menschenrechtssituation in seinem Land.

Man solle sich vorstellen, so Soyinka, nach den ersten freien Wahlen in Südafrika wäre ein General gekommen, hätte sie annulliert und Nelson Mandela ins Gefängnis geworfen. Die Nigerianer verstünden nicht, warum der dann fällige internationale Protest in ihrem Fall ausgeblieben sei. Nigeria müsse mit politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Boykott belegt werden. Es geht für Soyinka nicht mehr um die Frage, welche Bedingungen der Militärs für eine Demokratisierung akzeptabel seien, sondern um ihren Rückzug aus der Politik „nicht nur bis zum nächsten Putsch, sondern für immer“.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist nach Auffassung des Literaten eine starke handlungsfähige Opposition nötig, die bei einem Zusammenbruch der Junta das entstehende Machtvakuum sofort ausfüllen kann. Dazu ist unlängst ein Nationaler Befreiungsrat (Nalico) gegründet worden. Er faßt die militanteren Teile der nigerianischen Opposition zusammen. Gemeinsam mit der Nationalen Koalition für Demokratie (Nadeco), in der viele Ex-Militärs und Teile der politischen Klasse organisiert sind, soll eine Exilregierung gebildet werden. Dieser werde es nicht auf diplomatische Anerkennung und offizielle Verlautbarungen ankommen, so Soyinka, sondern auf die Schaffung demokratischer Strukturen für die Zeit nach General Abacha.

„Das ganze Land ist in Unruhe“, läßt der Schriftsteller seine Zuhörerschaft wissen. Viele Journalisten, die ihre Jobs verloren haben, hätten mittlerweile eine regelmäßig erscheinende Untergrundpresse aufgebaut. Unter dem Namen „Frequenz Freiheit“ hat sich ein illegaler Radiosender etabliert, der immer wieder vor allem nachts auf Sendung geht. Leider habe eine deutsche Firma der Junta technische Ausrüstung verkauft, mit der dieser Sender lokalisiert werden kann. Als Soyinka sein Gespräch mit Außenminister Klaus Kinkel am Mittwoch nachmittag in seiner spöttischen Art als „offen“ bezeichnet, hat er die Lacher auf seiner Seite. Uwe Kerkow