Serbischer Militärchef leitet Deportationen ein

■ Inzwischen sind fast 6.000 Flüchtlinge mit Bussen nach Tuzla gebracht worden

Genf (taz) – Die bosnischen Serben haben gestern dem UNHCR-Beauftragten für Bosnien sowie einem zweiten Mitarbeiter der Organisation den Zugang in die UN-Schutzzone Srebrenica verweigert. Auch die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat bisher keine Bewilligung von den bosnischen Serben für weitere Hilfsmaßnahmen bekommen (siehe Interview). Nach UN- Angaben konnten bis gestern mittag 5.800 Flüchtlinge die Region in Richtung der von der bosnischen Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. 2.300 von ihnen erreichten den Flughafen in Tuzla, wo sie mangels anderer Unterkünfte die Nacht in Bussen verbringen mußten. Die anderen 3.500 Flüchtlinge wurden gestern noch im serbisch kontrollierten Kladanj festgehalten. Der serbische Militärchef Ratko Mladić hatte die Deportation der Flüchtlinge aus Srebrenica am Mittwoch abend selbst eingeleitet. Dem UNHCR liegen zudem Berichte vor, wonach Frauen, die alleine oder in Gruppen über die Frontlinie auf bosnisches Regierungsgebiet zu entkommen suchten, von Serben entführt wurden.

Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GbV) berichtet unter Berufung auf ein am Dienstag geführtes Telefonat mit Srebenicas Bürgermeister Fahrudin Salihović, reguläre Einheiten der Armee Serbiens hätten am Montag abend im Dorf Slapovici bei Srebrenica das Flüchtlingslager „Svedsko selo“ niedergebrannt. Die 1.000 LagerbewohnerInnen seien von den Serben an der Flucht gehindert worden und mindestens 50 Frauen und Kinder in den Flammen ums Leben gekommen. Laut GbV berichtete Bürgermeister Salihović, die serbischen Truppen hätten bis Montag abend auch 13 Dörfer in der Enklave Srebrenica zerstört.

Das UNHCR will „nicht ausschließen“, daß derartige Massaker und Zerstörungen „stattgefunden haben und stattfinden“, kann die Berichte der GbV allerdings anhand eigener Erkenntnisse weder bestätigen noch dementieren. Denn die beiden einzigen UNHCR-Mitarbeiter, die sich zum Beginn der serbischen Offensive in der Enklave befanden, begleiteten die Flüchtlinge nach Potočari.

In einem Brief an Unprofor- Kommandeur Smith in Sarajevo versuchte inzwischen der militärische „Oberbefehlshaber der Serbischen Republik“, Ratko Mladić, die Einnahme Srebrenicas und die Vertreibung seiner BewohnerInnen zu rechtfertigen. Übersetzungen des Schreibens wurden gestern an Zeitungsredaktionen versandt – von der Bonner Botschaft sowie der Berliner Vertretung Serbien/ Montenegros, das nach offizieller Lesart 1994 mit den Karadžić-Serben gebrochen hat. Andreas Zumach