Briefe zum Thema: "Atomtests: Was tun?"

Macht ihnen die Hölle heiß

Robespierre – Napoleon – Chirac? Ist es legitim, einen demokratisch gewählten Staatspräsidenten in diese Reihe zu stellen? Jein! Ja, weil auch er aus machtpolitischen Motiven in nationalistischem Partikularinteresse die Menschenrechte, zumindest die der Polynesier, mit Füßen tritt. Nein, weil erst seit dem Beginn des Atomzeitalters bei derartigen Machtspielen grundsätzlich das gattungsgeschichtliche Ende der ganzen Menschheit im Jackpot liegt. Wozu können nach Hiroshima, nach dem Ende des Kalten Krieges, atomare Tests, bei denen im „nationalen Interesse“ weder auf Menschenleben noch auf die uns tragende Natur Rücksicht genommen wird, noch dienen?

Wie wär's mit einem Sternmarsch von Hunderttausenden nach Paris oder zumindest zur nächsten französischen Botschaft? Macht all unseren Politikern die Hölle heiß, Phantasie ist gefragt, wann fangen wir an?Bernd Höppner, Freiburg

Boykottiert unsere französischen Waren!

Gestern erfahre ich, Greenpeace würde nicht zu einem Boykott der französischen Produkte aufrufen. Und dies unter dem Vorwand, man dürfe die Franzosen nicht für die Entscheidungen ihres Staatschefs bestrafen.

Mir scheint, daß bei jedem Boykott irgend jemand zu Schaden kommt. Beim Brent-Spar/Shell-Boykott die Tankwärter. Vielleicht fällt es etwas schwerer, unseren guten Käse zu boykottieren oder unseren sagenhaften Wein, geschweige denn den lieben Champagner – aber tut's!

Also, werte deutsche Bevölkerung, ihr als größter Handelspartner Frankreichs seid imstande, die französische Regierung zum Einlenken zu bringen. Bitte tut's. Wir rechnen mit euch. Glaubt mir, ich wäre froh, wenn die Deutschen wieder solch einen diskreten, aber effizienten Widerstand leisten würden, und ich kenne ein paar Menschen, die es ebenso heiter stimmen würde! Géraldine Lamblin, Villeneuve-lo Roi, Frankreich

Berichtet, berichtet

Ihr fragt, was tun? Wie wäre es mit „berichten“? Anders gesagt, was soll dieser Aktionismus? Versteht sich die taz als Zeitung/Informationsmedium? Oder als NGO? Wann kommt der taz-Boykott, wenn die taz immer weiter zu Schreinemakers live degeneriert? Laßt Euch doch gleich an Ted anschließen!

Herzlichen Glückwunsch zum interaktiven Durchfall.A. Zeh, Kant

Bitte kein Aktionismus!

Einen einzelnen Konzern zu boykottieren, kann dessen Geschäftsgebahren verändern. Auf französische Produkte zu verzichten ist dagegen so wirkungslos wie kontraproduktiv. Nicht nur angesichts der leidvollen historischen Erfahrungen Frankreichs mit seinem östlichen Nachbarn ist (innen-)politischer Druck auf Bonn notwendig – kein Aktionismus, der lediglich Nationalismen steigert.Axel Weiss, Tübingen

Auf! Auf! Umdenken

Ähnlich wie Greenpeace fand ich anfangs einen Boykott gegen Frankreichs Produkte problematisch, auch aus persönlichen Gründen:

– ich fahre oft und gerne nach Frankreich;

– viele Französinnen und Franzosen sind Freunde geworden;

– kenne einige franz. Winzer, deren Wein ich dann boykottieren würde, persönlich;

– bin leidenschaftlicher „Gauloises“-Raucher...

Alle Aktionen, kleinere von einzelnen und große Massenaktionen, sind gut und wichtig. Ich habe selbst mehrere Faxe an Bundeskanzler und Französischen Botschafter geschickt.

Trotzdem wird wohl ein umfassender, weltweiter Boykott – so schwer es dem einzelnen auch fallen würde – das einzige Machtmittel sein, um den französischen Staatspräsidenten zum Einlenken zu bewegen.Elmar Stähler, Hohenahr

UNO nach Moruroa

Ausschluß Frankreichs aus der UNO bis zur Rücknahme der Entscheidung, Etablierung eines Öko-Sicherheitsrates in der UNO, Besetzung des Moruroa- Atolls durch UNO-Truppen.Klaus Rudolf, Aktionskünstler, Berlin

Alles Käse

Es fällt mir schon schwer, auf französischen Käse zu verzichten – aber wir haben ja auch sehr guten deutschen oder dänischen Käse. Ich kann's kaum glauben: Chirac kommt an die Regierung und läßt sofort so ein Ding los! Ich habe gedacht, über so etwas wären wir hinweg.Annemarie Pitschula, alias Madame de Chèvre, Bad Homburg

Paddler-Protest

Ich bin begeisterter Paddler und bereise jedes Jahr mehrere Male Frankreich. Was hat nun der Südpazifische Ozean mit uns Paddlern zu tun? Wir Paddler haben durch unseren Sport einen unmittelbaren Bezug zur Natur. Wir verachten und bekämpfen Ausbeutung und Umweltverschmutzung. Als Freunde Frankreichs, als Bewohner unseres Planeten Erde geht uns der Pazifische Ozean genausoviel an wie die Gewässerverschmutzung vor unserer Haustür.

Bei meinen Anfragen bei Greenpeace habe ich erfahren, daß man sehr dankbar Aktionen von den Paddlern in den Widerstand gegen Atomversuche miteinbeziehen werde. Ich werde eine Liste erstellen mit den Protesten der Paddler. Diese wird dem französischen Präsidenten zugeschickt. Peter Ringel, Frankfurt/Main

Keine Aggression

Kaufkraftterror gegen französische Produkte und der Boykott von Reisen nach Frankreich wird nach meiner Überzeugung vor allem eins bewirken: Den Schulterschluß zwischen Bevölkerung und Regierung noch verstärken. Das „Wir“-Gefühl der Franzosen, die nationale Einigkeit im Konflikt mit den europäischen Nachbarländern ist Chiracs größter Trumpf im Atompoker.

Tote von Hiroshima

Hier hilft nur noch eine Sprache, die diese Mafiosi auch erstehen, und das ist der Druck auf den Geldbeutel! Schade, wirklich schade ist, daß die Toten von Hiroshima, Nagasaki und Tschernobyl hier nicht zu Wort kommen können.E. H., Bochum

Holzwürfel werfen

Wir sind die Aktionsjugend im Landesbund für Vogelschutz und wir machen am Stachus in München am 14.7. eine Umfrage: Frankreich-Boykott – ja oder nein?

Die Passanten werfen einen Holzwürfel in die Ja- oder Nein-Waagschale, nachdem sie sich bei uns im Gespräch informiert haben.

Dekorationen: ein Riesen-Atompilz aus Pappe und eine mannshohe Rotweinflaschen-Attrappe.

Gebt dem Atomtest den Rest!Ulrich Dopheide, LBV, München

Boulekugeln gegen Bomben

Wer denkt bei Boule nicht an Frankreich? Wir schon – und gerade jetzt! Was aber macht ein deutscher Boulespieler, wenn er an das Heimatland seines Spiels denkt?

Das diesjährige „Düsseldorf Ouvert“-Turnier, eines der größten im Lande, hat bei einer Unterschriftenaktion 199 Unterschriften von Spielern (und Gästen) aus fünf europäischen Ländern gebracht, die nun dem französischen Konsulat, mit einer Protestnote versehen, übergeben wurden. Boulespieler sind frankophil, von deutscher Überheblichkeit sollte also nicht die Rede sein. Aber ertragen wollen wir diesen Atavismus nicht.Bouleverein Düsseldorf sur place e.V. i.A. Frank Hermann

Boykott? Dumm. Dumm

„Frankreich boykottieren“ wegen der Tests – diese Idee ist die schlimmste und dümmste Ausgeburt eines neuen Nationalismus. Denn sie begreift Frankreich als einen Führerstaat, als eine mit ihrem Oberhäuptling auf Gedeih und Verderb verschweißte Volksgemeinschaft. Den Befürwortern des Boykotts ist Frankreich fremder und gleichgültiger als der Mond. Grauenhaft.Hartmut Kugler, Erlangen.

Jugend soll reden

Nicht nur durch gegenseitige Schuldvorwürfe, sondern durch das gemeinsame Gespräch kann das gegenseitige Verständnis vertieft werden, muß und wird sich die deutsch-französische Freundschaft erneut bewähren. Wir plädieren jetzt also nicht für weniger, sondern für mehr Austausch und Kontakte zwischen Deutschen und Franzosen. Francis Bellanger, Generalsekretär des Dt.-Franz. Jugendwerks, Hartwig Möbes, Stellvertr. Generalsekretär

Nicht kinkeln

Boykott französischer Weine? Ich sehe schon Chirac vor mir an der Spitze eines Heeres von Winzern. Trotzdem.

Zweifellos: Jedes Embargo trifft zuallererst die Kleinen. Streikt die ÖTV, stehen die Busse still, nicht die Limousine des Kapitalisten. So what?

Entweder ich bin solidarisch und gebe den Unmut postwendend nach oben weiter, oder ich bin reaktionär und gebe ihn nach unten zurück. Alles andere ist kinkeln: Immer nur lächeln.

Zielgerichtet boykottieren heißt, sich von jeglichen nationalen Ressentiments distanzieren und klarstellen: Es geht gegen die Regierung, nicht gegen das Volk an sich.Ecco Meineke, München

Courage

Wir sind eine Gruppe von 50 jungen Leuten und haben uns mit dem Veranstalter kurzfristig entschlossen, unser traditionelles Sommercamp nicht an der französischen Atlantikküste stattfinden zu lassen, sondern das Sommercamp kurzfristig nach den Niederlanden zu verlegen.

Wir sind für einen Boykott französischer Waren einschließlich Tourismusboykott, bis die französische Regierung erklärt, daß keine Atomtests im Pazifik stattfinden.Thomas Haller, Jugendclub Courage e.V., Oberhausen

Schluß mit dem Schweigen

Ich bin für den Boykott französischer Waren, keinen Urlaub in Frankreich! Schluß mit der Leisetreterei, weil unsere Väter und Großväter zwei Weltkriege angezettelt haben. Ein Boykott hat nichts mit der Franzosenfeindlichkeit der Vergangenheit zu tun.Harald Walther, Bielefeld

Die Tests – eine Chance

Die Chance, den Präzedenzfall für die Wiederaufnahme der Kernwaffenversuche (andere Atommilitärs werden nachziehen) zu verhindern, wäre einen „Streit unter Freunden“ durchaus wert, und Bonns offizieller Protest wäre die Gelegenheit, dem Anspruch der Bundesregierung auf mehr internationale Verantwortung gerecht zu werden.Mathias Meisel, Chemnitz

Es hat sich ausgebizzelt

Hoch lebe die deutsch-französische Freundschaft! Aber auch sehr guten Freunden muß man manchmal in den Hintern treten. Echte Freundschaften halten das aus. Ein Boykott von „Frankreich“ ist natürlich Unfug. Der eine verzichtet aufs Bresse-Huhn, der nächste auf Crème fraiche, der dritte kauft statt Peugeot einen Ford, der vierte schmeißt seine Adamo-Platten auf den Müll. Quatsch! Keiner wird's merken. Wir müssen uns auf ein einziges Produkt konzentrieren, auf das französischste aller Lebensmittel, auf den Schampus. Adieu „Veuve Cliqout“. Beim Bacchus: Es hat sich ausgebizzelt.Gert-Thomas Hürnliman, Basel

Zorn! Zorn!

Na klar boykottiere ich französische Produkte! Ich weiß, daß ist genauso leicht und bequem, wie nicht bei Shell zu tanken. Aber welche andere Möglichkeit habe ich denn, meinen Unmut – nein, meinen Zorn! – auszudrücken? Briefe schreiben? An wen? Adressat Papierkorb!

Ich weiß, der französische Weinbauer hat keine Schuld. Oder vielleicht doch ein wenig? Ich würde mir den französischen Wein jedenfalls weiter schmecken lassen und französischen Käse ruhig genießen, wenn sich in Frankreich die Massen etwas mehr rühren würden und so laut und radikal demonstrieren würden, wie etwa gegen Kürzungen von EG-Subventionen oder gegen neue Hochschulgesetze! Aber was geht die Grande Nation ein kleines Völkchen am anderen Ende der Welt an?Ignatius Urdze, Bonn

Keine Pariser mehr

„Think global, act local“ – privater Boykott in Frankreich produzierter Lebensmittel (ja, ja auch französischen Wein, Käse...), Frankreich-Reisen wenn möglich vermeiden, Air France ins Leere fliegen lassen, in Deutschland ansässige französische Unternehmen wie Tankstellen (Elf), Kfz-Hersteller (Renault) und Hotels mit Nichtachtung strafen, natürlich keine französischen Kondome und jede Menge neuseeländische Kiwis essen!Christoph Rocholl, Lotte-Halen

Sehr geehrter Herr Botschafter,

Wir sind ein Unternehmen, das überwiegend im Versandgeschäft tätig ist. Aus ihrem Land kommen 35 Prozent der bei uns verkauften Weine, Sekte und Champagner.

Betriebsleitung und Belegschaft haben sich heute entschlossen, keine weiteren französischen Produkte zu vertreiben und das aktuelle Angebot einzufrieren, so lange, bis sich die Regierung Ihres Landes eindeutig gegen weitere Atombombentests ausspricht.

Wir denken, daß unser Verhalten nicht überheblich und überzogen ist, zumindest nicht überheblicher als das Verhalten der französischen Regierung gegenüber den Ländern Australien, Neuseeland und der polynesischen Bevölkerung.

Mit freundlichen GrüßenGerhard H. Ischdonat, Geschäftsführung Verlag und Anzeigen, Ralf Ischdonat, Geschäftsführung Donat Handels u. Vertriebsg., Salem

Franzosen! Auf die

Straßen!

Es ist am sinnvollsten, wenn die Franzosen selbst auf die Straße gehen. Und genau das werden sie tun, wenn der Export (und damit die Produktivität) einbricht.Heiko Gabriel, Bardowick

Boykott unfair

Ein Boykott französischer Produkte scheint mir in diesem Fall wirklich unfair. Was kann der französische Winzer dafür, welche Entscheidungen Herr Chirac trifft? Die Auswirkungen eines solchen Protestes auf die Regierung dürften äußerst gering sein und eher zu einer Solidarisierung der Bevölkerung mit dem Präsidenten führen. Möglicherweise könnte die UNO (nicht lachen bitte) zumindest eine weltweite Diskussion in Gang bringen und Frankreich damit als Umweltzerstörer ins Bewußtsein rücken. Rainer Russ, Esslingen