Durchs Dröhnland
: Ganz dunkler Pfuhl

■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche

Nur wenige Jahre ist es her, da hätte man für einen Moment denken können, in Berlin entwickele sich so etwas wie eine ernstzunehmende Metal-Szene mit internationalen Erfolgsaussichten.

Skew Siskin trieben sich ausführlich in L.A. herum und begeisterten dort angeblich die ansässigen Langhaarigen. Seitdem hat man kaum etwas von ihnen gehört. Und auch Smash 'n' Grab konnten kaum „Uff“ sagen und hatten schon einen Major-Vertrag unterschrieben.

Beide Kapellen glänzten mit Sängerinnen (die beiden waren auch noch eng miteinander befreundet), Coverversionen von Alice Cooper und quadratmeterweise Tatoos. 1992 brachten Smash 'n' Grab ihr Debüt heraus, und dabei ist es erst mal geblieben.

Bei der Plattenfirma in Ungnade gefallen, aber ohne aus ihrem Vertrag herauszukommen, waren sie zur Untätigkeit verdammt. Erst seit kürzerem haben sie die geschäftliche Freiheit wieder und suchen nun nach einem neuen Verleger.

Ihr stark von den goldenen Siebzigern beeinflußter Metal böte eigentlich alles, was die Freunde von der Zottelfront jauchzen macht. Solider Südstaatenstomp und die einschlägigen Gitarrenriffs sorgen für seliges Vergnügen. Die Texte gelten in der Branche sogar als kritisch. Nur leider nehmen sich diese Biker, so auch Smash 'n' Grab, immer ernster, als sie es verdient haben. Ich liebe Danzig, aber darf ich dann nicht über Satanismus lachen?

Heute, 22 Uhr, Niagara, Gneisenaustraße 58, Kreuzberg; Do, 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Prenzlauer Berg, Eintritt frei!

Da schaben die Gitarren, kommt die Stimme aus dem Blecheimer, pennt der Schlagzeuger fast ein, und überhaupt wird man ganz schwurmelig im Kopf davon. Merry B. taten sich im Sommer des Jahres 1993 zusammen, vielleicht weil sie die Hitze nicht mehr ertragen konnten.

Sie wollten der Welt beweisen, daß die Sache mit den Glückshormonen, die bei Sonnenschein produziert werden, nicht auf alle Zeitgenossen zutrifft. Wundervollerweise aber gibt es ja fast ebensoviel verschiedene Arten glücklich zu sein wie Menschen herumlaufen. Und unser Berliner Trio scheint sich in einer gewissen leisen Aggressivität ganz wohlig zu rollen.

Zwar sind sie bei weitem nicht so noisig wie 18th Dye, mit denen sie gerne verglichen werden, aber auf eine zurückhaltende Weise dennoch sehr hart. Selbst wenn die Gitarre nur wenige Saiten zart anzupft, und das Schlagzeug benebelt vor sich hin träumt, lugen gemeine Gedanken um die Ecke. Manchmal kommt dann der lärmige Ausbruch, manchmal auch nicht – das ist dann noch fieser. Ganz gemütlich schläfern sie dabei die Geschwindigkeit ein, als könnten sie kein Wässerchen trüben, dabei fischen sie in einem ganz dunklen Pfuhl.

Mit Ponyboy Curtis, morgen, 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg, Eintritt frei!

Beim Acid Jazz von Hip 2 Bop liegt die Betonung ganz eindeutig auf Jazz. Der Entwurf des Berliner Sextetts hat nicht allzuviel mit der zwar hypnotischen, aber doch recht stumpfen Orgeldudelei einschlägiger Kapellen zu tun, sondern baut auf einen sehr raffinierten Umgang mit den Instrumenten, die sich fast schon zu leicht dem dezent dahingetröpfelten Rhythmus unterordnen. Schüchterne Gitarrenlicks, eine Percussion so weich wie ein Flokati, eine Stimme, die nichts von sich preisgeben will.

Daß hier in vielen anderen Projekten geschulte Musikanten mit immenser Erfahrung zusammengefunden haben, das hört man überdeutlich. Aber der Mangel an rüder Spontaneität wird angemessen ersetzt durch professionelles Understatement. Die demonstrative Laschheit der Töne wird Zuhörer nicht kalt lassen.

Mit Soliloquy, morgen, 22 Uhr, Franz, Schönhauser Allee 36-39, Prenzlauer Berg

Extra für die Freunde komischer Strukturen kommen Zrazy, die den Folk und den Jazz ganz fröhlich Tanzen machen, mal schnell nach Berlin gehuscht, um hier im Rahmen der Benefiz-Party zum fünfjährigen Jubiläum des Autonomen Mädchenhauses aufzutreten.

Anschließend wird das Duo aber schnell wieder zurück ins heimatliche Dublin eilen, um dort zusammen mit Produzent Kim Fowley weiter an der neuen Platte zu basteln. Eben jener Fowley, der bei der BID vor zwei Jahren von Burkhard Seiler alias der Zensor unter dem Vorwurf des Sexismus von der Bühne des Huxley's geholt wurde. Zufälle gibt's.

So. 22 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176, Prenzlauer Berg

Jenseits der ausführlichen und beliebten Textexegese, die jede neue Platte tösend begleitet, macht Neil Young seit nun bald 30 Jahren einfach wundervolle Musik. Wie alt er geworden ist, wird einem erst klar, wenn man sich den Zustand ehemaliger Mitstreiter wie David Crosby (und den seiner Leber) betrachtet.

Young fand über die Jahre mit scheinbar überirdischer Gelassenheit und Souveränität immer die passende Melodie und die erlösende Zeile. Und niemand sonst war über einen so langen Zeitraum immer auf der Höhe der Zeit, ohne sich dabei untreu zu werden.

Das Problem, langsam dann doch zu langweilen wie Van Morrison oder andere Legenden, die längst schon in ihrer eigenen Klasse kicken, löste Young durch schamlose Experimentierfreude, die sich aber nie anbiederte. Und niemals war er so wertvoll wie heute, wo sich die einen umbringen mit einem seiner Songtexte auf den Lippen, und andere dafür sterben, daß er ihre Perlenmarmelade auf seine Brötchen schmiert.

Mo. 18.30 Uhr, Waldbühne

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