Schlagkräftiger Schluss

■ Andere Filme anders machen: Im 3001 diskutieren Kritiker und Beteiligte das Hamburger Underground-Kino anno 1968

Die Schlägerei, die das Ende der Hamburger Filmbewegung einläutete, wird in Christian Baus Dokumentarfilm Die kritische Masse nur angedeutet. Krankenhausreif soll einer geschlagen worden sein. Was sich damals genau abspielte, können die Beteiligten am Sonntag nur selbst erzählen, denn das Ganze ist immerhin schon über dreißig Jahre her.

1967 formuliert eine Gruppe junger Hamburger Filmavantgardisten eine klare Absage an die etablierte Kinokultur. Nach einem New Yorker Vorbild gründen sie die erste deutsche Filmemacher Cooperative, eine unabhängige Verleihorganisation, die frei von Kommerz und Zensur die Werke ihrer Mitglieder vertreibt. Einige Jahre schon hatten Werner Nekes, Hellmuth Costard, Bernd Upnmoor und all die anderen die Entwicklungen des New American Cinema beobachtet und fühlten sich solidarisch mit der Freiheit und Radikalität der in den USA entstehenden Undergroundfilme. Noch fehlte in der Hansestadt die Öffentlichkeit. Mit einem Trick machen die Cineasten auf sich aufmerksam: Das legendäre Film-In wird 72 Stunden lang veranstaltet, später die Hamburger Filmschauen, die bald in Werner Grassmanns neuem Abaton-Kino ihr Forum finden.

Doch es kommt zu Auseinandersetzungen. Unterschiedliche Auffassungen lassen den Zusammenhalt der Coop bröckeln. Da gibt es Leute, die individualistische Filme quasi Am Arsch der Welt machen, wie Klaus Wyborny es mit einem Filmtitel passend ausdrückt, und andere, die sozialistische Filmarbeit leisten wollen. Alfred Hilsberg gehört zu den anderen: Die Filmcoop muss eine eindeutige politische Stellung beziehen und gesellschaftliche Reflexion betreiben. Es kommt zur Spaltung und zum Ende der Coop.

Hier ist auch Christian Baus' Film zu ende. Hilsberg gründet 1971 eine sozialistische Filmcoop, die die Arbeit linkspolitischer Gruppen unterstützen will. Heute produziert er Musik, betreibt das Label What–s so funny about und ist einer von vier geladenen Gästen im 3001. Im Film kommt er nicht vor. Warum, kann er selbst erzählen.

Neben Alfred Nemiczek und Dietrich Kuhlbrodt, die als Filmkritiker damals dabei waren, ist natürlich auch Christian Bau selbst anwesend. Nemiczek hatte später in der Projektkommission der Filmförderungsanstalt Berlin zu entscheiden und fand seinerzeit als Spiegel-Redakteur Kontakt zu der Hamburger Gruppe. Der Kuhlbrodt schrieb für das Blatt Filmkritik, ist pensionierter Nazi-Jäger und rezensiert immer noch. Klar also, dass die Zusammenkunft am Sonntag mehr Licht in die ganze Geschichte bringen dürfte. Isabel Gentsch

So, 5.12. 18 Uhr, 3001