AKW aus Schokolade

Nicht nur zum Absteigen: Ein neues Hotel in Ottensen will Jugendlichen Spass und Wissen vermitteln  ■ Von Dagny Eggert

Atom-Meiler aus Schokolade am Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe als Deko auf dem Frühstückstisch. Das ist eine von vielen Ideen des neuen Gästehauses für Jugendliche in Ottensen. „Wir wollen ja niemandem etwas aufdrücken, aber trotzdem wollen wir zum Nachdenken anregen“, erklärt Klaus-Peter Berndt den schokoladigen Atom-Meiler und das Konzept.

Der farbenfrohe Neubau steht in einer Seitenstrasse in Ottensen, mit einer Vielzahl von Kneipen und kulturellen Angeboten in der Nachbarschaft. Der Eingang liegt im Hinterhof, und ein kleines Restaurant mit Blick auf die Strasse versorgt die Reisenden mit günstigen Gerichten. Auf fünf Stockwerken verteilen sich 83 Betten in Ein- bis Vierbettzimmern.

Als besonderen Service für Hotelgäste unterstützt Klaus-Peter Berndt die Besucher bei ihrer Programmgestaltung: Er besorgt Tickets für Konzerte oder Ausstellungen, darüber hinaus stellt er auch mehrtägige Programme zu verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen oder politischen Themen in Hamburg nach den Wünschen der Besucher zusammen. Die Themen reichen von Hamburg im Nationalsozialismus bis multikulturelle Stadtteilkultur in Altona. Mit ihrem Bildungsangebot wolle „Woge“ die Jugendlichen anregen, sich in die Gesellschaft einzumischen, aber ohne den erhobenen Zeigefinger. Schließlich könne Lernen auch Spaß machen.

Das Projekt hat die Initiative von Woge e.V. realisiert, ein Verein zur Unterstützung von unbegleiteten Flüchtlingskindern, von denen einige in dem Hotel auch ausgebildet werden sollen. Das neue Gästehaus ist als gemeinnützige GmbH konzipiert und ein zweites Standbein des Vereins.

Das Hotel richtet sich an reisende Jugendliche und wissbegierige Erwachsene und will eine Alternative zu herkömmlichen Unterbringungsmöglichkeiten anbieten: Hier ist es günstiger als im Hotel und komfortabler als in einer Jugendherberge, da kein Raum mehr als vier Betten und immer ein eigenes Bad hat. Daneben können auch Rollstuhlfahrer in der „Woge“ übernachten, denn die erste Etage ist rollstuhlgerecht eingerichtet und bietet Platz für elf Gäste. Das Hotel ist auch auf Reisegruppen eingestellt: Auf jeder Etage gibt es einen Aufenthaltsraum, damit die einzelnen Gruppen ungestört ihrem Programm nachgehen, oder einfach unter sich sein können.

Das Hotel wird am 15. Dezember eröffnet, es haben sich schon verschiedene Gruppen angekündigt: Eine zehnte Klasse aus Brandenburg möchte zum Beispiel während ihres Hamburg-Aufenthaltes das Thema Printmedien behandeln und dabei den Axel-Springer-Verlag und den Spiegel besuchen. Klaus-Peter Berndt stellt auf Wunsch die Kontakte zu den Medien her und und bietet dazu ein begleitendes Seminar an, das von Mitarbeitern der Einrichtung betreut werden kann.

Als Reaktion auf ein Angebot, das an alle Schulen in den umliegenden Bundesländern verschickt wurde, kommt am 16. Dezember eine Schulklasse nach Hamburg, die sich die Ausstellung “Unerwünscht“ im Museum der Arbeit anschaut. Das Jugend-Gästehaus hat ein zweitägiges Programm vorbereitet mit einer Einführung über die Situation von Flüchtlingen in Deutschland und einer Nachbesprechung der Ausstellung. Eine von vielen Ideen.