Riez im Augias-Stall

■ PUA-Filz: BAGS-Amtsleiter Uwe Riez über Bescheide, die er nicht ernst nahm

„Welchen Wert haben behördliche Bescheide Ihres Erachtens?“, fragte die CDU-Abgeordnete Antje Blumenthal. „Im Allgemeinen“, antwortete Senatsdirektor Uwe Riez, „gelten die wohl“. Was jedoch die vorläufigen Zuwendungsbescheide der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) an den städtischen Beschäftigungsträger Hamburger Arbeit (HAB) zu Beginn der neunziger Jahre anginge, sei die Sache so eindeutig nicht gewesen. „Diese Bescheide“, gab Riez gestern Abend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) Filz zu Protokoll, „entsprachen nicht unbedingt der Kommunikationslage zwischen dem Amt und der HAB. Ich habe die nicht als ernsthafte Äußerungen der BAGS betrachtet.“

Der rhetorisch bewanderte Riez musste erneut über seine Doppelrolle in der HAB-Affäre aussagen. Als Geschäftsführer der HAB von 1990 bis 1994 hatte Riez gegen die Bescheide der BAGS Widersprüche eingelegt; 257 Millionen Mark flossen seinerzeit ohne rechtsgültige Grundlage an den städtischen Träger. Zudem bildete die HAB seinerzeit Rücklagen in Höhe von mehreren Millionen Mark – ein Vorgang, der haushaltsrechtlich mehr als zweifelhaft ist.

1995 wechselte der frühere SPD-Bürgerschaftsabgeordnete in die BAGS und übernahm dort im Herbst 1996 auch die Leitung des Amtes für Arbeit. Damit erhielt Riez die Zuständigkeit für die HAB und bereinigte im Dezember 1996 die Angelegenheit mit einem rückwirkenden Sammelbescheid über gut 260 Millionen Mark an die HAB.

Auf Nachfragen räumte Verwaltungsjurist Riez vor dem PUA ein, dass die Rücklagenbildung nach der Landeshaushaltsordnung nicht statthaft gewesen sei. Aber in der BAGS, suggerierte Riez mehrfach, ohne sich zu eindeutiger Wortwahl hinreißen zu lassen, habe damals keine vernünftige Verwaltung geherrscht. „Die sagten A und schrieben B,“ erklärte Riez und ließ offen, ob dies Begründung genug sei, die Finanzen einer städtischen Firma nach eigener Interpretation juristischer Grauzonen zu ordnen.

Die Frage, was ihn denn gereizt habe, 1995 selbst in diesen verwaltungstechnischen Augias-Stall zu wechseln, wurde Riez bis Redaktionsschluss leider nicht gestellt.

Sven-Michael Veit