Linker Streit um Fristenlösung

Heftiger Ausstiegskrach unter Atomkraftgegnern: Regenbogen geht in Opposition zu GAL-Vorstand und Umweltsenator  ■ Von Sven-Michael Veit

Harsche Töne unter linken Ex-Freunden: Das Kürzel GAL stehe nunmehr für „Gebt Atomkraftwerken Lebensdauer“, mosert Lutz Jobs vom Regenbogen über seine ehemalige MitstreiterInnen von der Grün-Alternativen Liste. Im Zentrum seiner Kritik stehen das SprecherInnen-Duo der Partei, die der damalige Energieexperte der Bürgerschaftsfraktion im Mai verließ.

Kordula Leites und Peter Schaar hatten gestern in der taz hamburg eine Gesamtlaufzeit für Atomkraftwerke von 30 Jahren plus einer dreijährigen Stilllegungsfrist als „nicht unannehmbar“ bezeichnet. Würde die GAL-Mitgliederversammlung am nächsten Sonnabend diese Position absegnen, glaubt Jobs, „ist die Abschaltung des Uralt-Reaktors in Stade in dieser Legislaturperiode vom Tisch“.

Die Rechnung der linken Parteichefin Leites, dass Stade dennoch im Einklang mit dem Hamburger Koalitionsvertrag zu Jahresbeginn 2003 vom Netz genommen werden könnte, vermag der linke Ex-Grüne nicht nachzuvollziehen: „Mit GAL-Hilfe wird Stade auch noch abgesichert.“

Auch mit dem grünen Umweltsenator Alexander Porschke liegt Jobs über Kreuz. Streitpunkt ist der Plan der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), an den Atomreaktoren Krümmel und Brunsbüttel zwei Zwischenlager für hochradioaktive Brennelemente zu errichten. Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter bestätigte gestern den Eingang der Anträge. Deren Bearbeitung könne „mehrere Jahre dauern“, erklärte BfS-Sprecherin Susanne Commerell, früher in gleicher Funktion bei Greenpeace und der GAL-Fraktion.

Porschke hält diese Zwischenlagerung für akzeptabel. Die Alternative dazu sei die Aufrechterhaltung des Plutoniumkreislaufs durch Wiederaufarbeitung. Dies würde zugleich neue Castor-Transporte in die Anlagen Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich) bedeuten. Die Genehmigung solcher Lager müsse aber „mit einem Termin für das Abschalten des entsprechenden Atomkraftwerkes gekoppelt werden“, fordert Porschke, der sich selbst gern als „pragmatischen Linken“ bezeichnet: „Ein Zwischenlager kann nur eine Zwischenlösung für die Restlaufzeit sein.“

Der oppositionelle Regenbogen-Jobs hingegen hält diese Position eher für link: „Damit verabschieden sich die GAL und ihr Umweltsenator aus der Anti-AKW-Bewegung“, behauptet er. Zwischenlager seien zusätzliche Atomanlagen und deshalb „unzumutbar“. Ohne „konkretes Ausstiegsszenario“ und ohne Lösung der „Entsorgung des Atommülls“ würden solche Lager „den Weiterbetrieb von Reaktoren sichern“.

Das, stellt Porschke klar, komme nicht in Frage. Zwischenlager dürften keinesfalls größer sein, als für eine festgelegte Restlaufzeit unbedingt erforderlich. Und an diesen Fristen will er keine Zweifel aufkommen lassen: „Atomkraftwerke gehören so schnell wie möglich abgeschaltet.“