Man redet von Bürgernähe und schafft sie ab

■ Die Beiräte-Demokratie ist bedroht, findet Mitte-Ortsamtsleiter Robert Bücking

taz: Wie lange gibt es noch einen Ortsamtsleiter Mitte?

Robert Bücking: Ich bin auf zehn Jahre gewählt und habe noch fünf Jahre vor mir.

Sind Ortsämter überflüssig?

Glaube ich nicht.

Zwei Ortsamtsleiter-Stellen werden derzeit nicht neu besetzt, die in Horn und in Findorff.

Mein Kollege Bernd Peters ist für drei Beiratsbezirke zuständig, Walle, Gröpelingen und Findorff. Und die drei Ortsamtsleiter-Stellen in Bremen-Nord sollen auch nicht neu besetzt werden.

Der Gesamtbeiratssprecher Kurt Schuster sagt: Das ist eine Chance. Worum geht es ihm?

Den habe ich auch nicht verstanden. Ich finde es leichtfertig, von einer Chance zu sprechen. Die augenblickliche Struktur, in der die Ortsamtsleiter für die Beiräte arbeiten, ist wesentlich für die Möglichkeit kommunaler Demokratie.

Warum blockiert der Innensenator die Wiederbesetzung von vakanten Ortsamtsleiter-Stellen?

Eine schnöde Einspar-Idee. Die werden nie wieder besetzt? Das ist die Absicht.

Jetzt sagt der sozialdemokratische Gesamtbeiratssprecher Kurt Schuster: Wenn die Bürgerämter überall kommen, dann werden die Ortsämter überflüssig.

Der stiftet ein Durcheinander. Es gibt zur Zeit nur drei Bürgerämter, zwei davon in Bremen-Nord. Eines davon wird über kurz oder lang wieder einkassiert werden.

Warum? Die Bürgerämter sollen doch bürgernahe, dezentrale Service-Stellen sein.

Ja, aber aus den drei Modellversuchen wird kein Standard-Fall. Die zentralen Ämter wollen weder Funktionen noch Personal an die dezentralen Bürger-Ämter abgeben. Dabei wäre es naheliegend, auch die sozialen Funktionen stadtteilnah damit zu verknüpfen und das Amt für Wohnung und Siedlung mit rein zu nehmen sowie die Sozialhilfe.

Diese Idee ressortübergreifender Bürgerämter wird aber nicht mehr verfolgt?

Nein. Die Zentralisierung ist angeblich billiger, gleichzeitig redet man weiter von Bürgernähe.

Die Frage, ob man sein Auto nur in Hemelingen ummelden kann oder am PC im Bürgeramt, hat aber nichts damit zu tun, ob Beiräte ohne Ortsamtsleiter noch politisch arbeitsfähig sind.

Richtig. Die Meldestelle in Horn wird nicht beeinflusst vom Beirat. Interessant würde es, wenn wir eine Außenstelle des Planungsamtes oder des Amtes für Straßen und Verkehr im Ortsamt hätten und wenn wir Einfluss hätten auf die Ausgestaltung der Schulen im Stadtteil.

Hat der Innensenator einmal den Ortsamtsleitern und den Beiräten erklärt, welche Art Reform der Ortsämter er sich vorstellt?

Nein. Wir bekommen das über die Zeitung mitgeteilt. Am kommenden Mittwoch werden alle Ortsamtsleiter zum Innensenator gebeten, da wird man uns wohl mitteilen, was auf uns zukommt. Nehme ich an.

Das ist eine Dienstbesprechung. Eigentlich müsste auch den gewählten Beiräten einmal erklärt werden, was aus der kommunalen Demokratie werden soll, wenn ihnen die Ortsamtsleiter genommen werden. Haben die Beiräte protestiert gegen die Nicht-Besetzung der vakanten Ortsamtsleiterstellen?

Das fängt jetzt an. Die Schrecksekunde ist vorbei, der Westen steht Kopf, Bremen-Nord ist aufgeregt, der Beirat in der Neustadt macht sich Sorgen, weil das Ortsamt dort halbiert werden soll. Die Kürzungen betreffen eine ganze Etage des kommunalen demokratischen Sys-tems. Fragen: K.W.