Feuchte (Alp)Träume

■ In der Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) sind Videoarbeiten von Knut Asdam, Turner-Preisträgerin Gillian Wearing und Tracey Emin zu sehen

In der vergangenen Woche legte Kultursenator Bernt Schulte (CDU) seiner Fachdeputation ein Kulturentwicklungskonzept vor, mit dem das Millionenloch im Kulturetat geschlossen werden soll. Insbesondere die Gesellschaft für aktuelle Kunst (GAK) und die Städtische Galerie im Buntentor waren in dem vierseitigen Papier in bedrohliche Nähe zum senatorischen Rotstift geraten (vgl. taz vom 2. Dezember). Nur wenige Tage nach Veröffentlichung des Konzepts gehen in der GAK bereits die Lichter aus.

Noch aber dient die Verdunklung der Kunst, genauer drei VideokünstlerInnen, deren Arbeiten in den düsteren Räumen der GAK jetzt zu sehen sind. GAK-Leiterin Eva Schmidt nennt die Ausstellung „Hundstage“: in Anspielung an jene Phasen im Leben, wo schlicht alles nervt und der erlösende Augenblick sehnsüchtig herbeigewünscht wird.

Ein Augenblick also, wie er vielleicht dem Norweger Knut Asdam vorschwebte. Seine knapp einminütige Videosequenz zeigt in Nahaufnahme den Schritt eines mit einer weißen Hose bekleideten Mannes, der sich in die Hose pinkelt. Ein kleiner Fleck, der stetig wächst, bis es kräftig aus der Hose tropft: Sieht so ein Alp- oder doch eher ein heimlicher Wunschtraum aus, ist es die Chronik eines blamablen Missgeschicks oder vielmehr die Dokumentation eines entspannt vollzogenen Tabubruchs? Wenn Männer in die Hose machen, ist Freud offenbar nicht weit.

Wenn Tracey Emin in der Nähe ist, reicht ein Freud nicht mehr aus. Denn die exzentrische britische Künstlerin, der das GAK im vergangenen Jahr eine eigene Ausstellung widmete, lässt nichts unversucht, die Abgründe ihres Seelenlebens auszubreiten. Mit ihrer einminütigen Videoschlaufe „Homage to Edvard Munch and all my dead children“ widmet sie sich zum x-ten Mal jenen Abtreibungen, die sie in ihrem Leben hat durchführen lassen. Von der auf einem Bootssteg nackt kauernden Emin schwenkt die Kamera auf die glitzernde Wasseroberfläche, ein lang anhaltender Schrei (Munch!) ertönt, ehe die Kamera wieder zur still kauernden Emin zurückkehrt.

Trotz Top-Favoriten-Status hat Emin in diesem Jahr den renommierten Turner-Preis nicht erhalten. Etwas, was Gillian Wearing, die dritte im Bunde der in der GAK zu sehenden KünstlerInnen, ihr seit 1997 voraus hat. Wearings 60minütiges Video „I love you“ variiert in acht unterschiedlichen Sequenzen eine nächtliche Szene. Aus einem Auto steigen zwei Paare aus, unter ihnen eine Frau, die einen Schreianfall erleidet. Die Gruppe reagiert jedesmal anders auf dieses Ereignis. Von sorgenvoller Nähe bis zu peinlich berührter Distanz reicht das Spektrum der Verhaltensweisen: Ein Psychogramm, das ein unendliches Potenzial möglicher Beziehungen zwischen den vier Menschen andeutet. zott

bis zum 9. Januar 2000 in der GAK zu sehen. Öffnungszeiten: tägl. außer montags 11-18 Uhr. Am 24., 25. und 31. Dezember geschlossen. Weitere Infos im Internet ( www.gak-bremen.de ) oder unter Tel.: 500 897