Gewaltsame gewaltfreie Aktionen

betr.: „Argumente gegen den Kapitalismus“, taz vom 2. 12. 99

„Gewaltsame Proteste“, so kann mensch lesen, habe es gestern in Seattle gegeben. Die Erwartung aber, es seien verletzte PolizistInnen oder gar WTO-Delegierte zu melden, erfüllt sich jedoch nicht. Nein, die „militanten Demonstranten“ – so ist zu lesen – blockierten Straßenkreuzungen und ketteten sich aneinander. Angesichts dieser Berichterstattung frage ich mich, ob ich die taz oder die FAZ in der Hand halte. Von letzterer bin ich es nämlich gewöhnt, dass klassische Formen der gewaltfreien Aktion – und die Blockade von Straßen ist nun mal eine – als böse Gewalttaten verunglimpft werden. Muss ich ähnliches nun auch beim nächsten Castor-Transport oder Studierendenstreik erwarten? Beides sind nämlich Gelegenheiten, bei denen ich eine solche „Gewalttat“ auch schon begangen habe und jederzeit wieder begehen würde.

Wirkliche Gewalttaten erwähnt der Artikel hingegen ganz beiläufig: „Die Polizei ging mit Tränengas vor.“ Vielleicht kann die taz sich ja für die Anerkennung der DemonstrantInnen als Bürgerkriegspartei einsetzen? Dann gälte nämlich das Kriegsvölkerrecht – und dort gilt CS-Gas als verbotene chemische Waffe.

Mark Obrembalski, Oldenburg