EWE-Tel drängt auf den Bremer Markt

■ Sekundengenau und „fair“ präsentiert sich die Oldenburger Telefon-Gesellschaft EWE-Tel / Seit dem 1. Dezember will sie in Bremen der Telekom insbesondere Geschäftskunden abwerben

„Bremen kann wählen“, mit diesem Slogan präsentierte die Oldenburger Telefon-Gesellschaft „EWE-Tel“ gestern ihr lokales Angebot. Zwischen der holländischen Grenze und Hamburg haben bisher 20.000 Privatkunden und 5.000 Geschäftskunden von der Telekom zu EWE-Tel gewechselt, seit dem 1. Dezember wirbt die EWE-Tel auch um Bremer Direkt-Kunden. Technisch möglich ist dies aufgrund des Vertrages, mit dem die EWE-Tel sich die Nutzung des kommunalen bremischen Kabelnetzes gesichert hat. Erster großer Kunde der EWE-Tel ist die Stadtverwaltung selbst; seit dem vergangenen Herbst schon werden Orts- und Ferngespräche der Bremer Behörden über die EWE-Tel abgewi-ckelt. Man habe ein Angebot unterbreitet, das die Stadt offenbar inte-ressanter fand als das Angebot der Telekom oder der NordCom, meinte EWE-Tel-Geschäftsführer Wolfgang Lude. Minuten-Preise wollte er aber nicht nennen.

EWE-Tel macht den Bremer Telefon-Kunden ein „faires“ Angebot, formuliert der Marketing-Leiter Thorsten Wieting die Botschaft: „Fair“ sei es, von der ersten Sekunde an sekundengenau abzurechnen. Wer bei der Telekom eine Nummer wählt und „ist nicht da“ erfährt, bezahlt für eine Einheit (12 Pfennig); bei der Nordkom gibt es zwar die sekundengenaue Abrechnung, aber die Mindestgebühr ist 5 Pfennig.

Das Preisangebot der EWE-Tel insgesamt liegt jedoch nicht unter dem der NordCom. „Wir wollen nicht der NordCom Kunden wegnehmen“, erklärt Wieting; dies sei auch uninteressant, da die Telekom immer noch 99,9 Prozent der Kunden binde. Im Vergleich zu einem normalen Telekom-Tarif können Privatkunden rund 40 Prozent sparen, wenn sie zur EWE-Tel wechseln, rechnen die EWE-Tarifexperten vor. EWE-Tel-Kunden zahlen tags 0,65 Pfennig pro Minute im Ortsbereich, 18 Pfennig bei Ferngesprächen. Die EWE-Tel hat einzusätzliches Zeitfenster von 18 bis 21 Uhr mit einem mittleren Preisniveau, ab 21 Uhr sinken die Tarife auf 3 Pfennig (lokal) beziehungsweise 6 Pfennig (Ferngespräche). Die sekundengenaue Abrechnung von der ersten Sekunde an „lohnt“ sich vor allem beim Versenden von E-Mails. Zum Vergleich: Der Bremer Anbieter NordCom nimmt tags 6 Pfennig in der Region und 12 Pfennig fürs Ferngespräch, ab 18 Uhr 4 Pfennig lokal und 7 fürs „Ferngespräch“ national.

Auch die Telekom hat inzwischen reagiert und bietet neben dem normalen Tarif, der deutlich teurer ist als die privaten Anbieter, einen „Aktiv plus“-Tarif an: Für 9,90 Mark zusätzlicher Grundgebühr jeden Monat sinken die Kos-ten jedes Gespräches im lokalen Bereich auf 6 Pfennig tagsüber, 3 Pfennig nachts. Ferngespräche kosten 12 Pfennig tagsüber, 6 Pfennig ab 18 Uhr. Bei „Aktiv plus“ gilt auch nicht mehr der 12-Pfennig-Takt, sondern es wird jede angefangene Minute gerechnet. Auf diesen Sondertarif, der sich schon bei einer Telefonrechnung über 80 Mark in der Regel „lohnt“, sind knapp zwei Prozent der Telekom-Kunden seit dem 1. Juli umgestiegen.

Preislich liegen die drei Angebote, unter denen kostenbewusste bremische Privatkunden wählen können, dicht beieinander. Die EWE-Tel bemüht sich daher wie andere private Anbieter stark um Geschäftskunden, und dies mit Erfolg, bis hin zur Kommune Bremen. Gleichzeitig will die EWE-Tel neben „Sicherheit und Qualität“ auch demnächst Pakete anbieten: Schon im Herbst 2000 könnte es ein Kombi-Angebot für Netz- und Mobil-Telefonie geben. K.W.