Das Portrait
: Der oberste Coker

Douglas Ivester

Es kommt nicht oft vor, dass ein internationaler Konzern seinen obersten Boss rauswirft. Und bei der bekanntesten Marke der Welt ist es sowieso eine Premiere: Die Coca-Cola Corporation trennt sich zum April 2000 von ihrem Präsidenten und Chief Executive Officer Douglas Ivester. Das teilte er am Wochenende völlig überraschend für Außenstehende dem Aufsichtsgremium des Konzerns mit. Und die Aufseher im „Board“ haben am Montag eilig einen neuen Chef gewählt, so die Konzernzentrale in Atlanta, Georgia, kurz und knapp.

Der Neue heißt Douglas Daft, ist Australier und 30 Jahre in der Firma aufgestiegen. Doch der Neue interessierte erst einmal keinen, vielmehr schlugen die Spekulationen hoch, warum denn der Alte gehen musste. Denn Ivester war für Coca-Cola-Verhältnisse noch neu im Amt. Der 52-Jährige hatte im Oktober 1997 nach dem überraschend schnellen Tod seines Vorgängers die Spitze übernommen. Es wurde ihm ein Riecher für neue Marktchancen nachgesagt. Doch er konnte sich nie aus dem Schatten seines Vorgängers Roberto Guizueta lösen. Der hatte die Coke durch die allgegenwärtige Werbung so bekannt gemacht wie das christliche Kreuz und die olympischen Ringe. Und er hatte in 16 Jahren Herrschaft das ultimative Ziel formuliert: Coca-Colas Markt sei die gesamte Flüssigkeitsaufnahme der Weltbevölkerung, als Konkurrenz sowohl zur Tasse Tee wie auch zum Wasserhahn.

Ivester konnte hier keinen großen Wurf mehr nachliefern, nur noch Vollzug und immer höhere Rationalisierung und Profitmargen verlangten die verwöhnten Aktionäre von ihm. Und genau damit haperte es: Coca-Cola geriet in letzter Zeit vor allem negativ in die Schlagzeilen. Sowohl Asien- wie auch Russlandkrise schadeten dem Gewinn. Dann die potenziell sehr teuren Rassendiskriminierungs-Klagen in den USA. Und als Leute von in Belgien abgefülltem Coke krank wurden, soll Ivester überheblich reagiert haben, so die Gerüchte. Ein versautes Image und die größte Rückrufaktion in der Geschichte des Unternehmens waren die Folge. Als Schwall, der den Herrscher des schwarzen Sirups endgültig weggesprudelt hat, wird nun die Sache Orangina gehandelt. Diese französische Limo-Marke wollte Ivester kaufen – was bei Franzosen wieder einmal die Angst vor US-Überfremdung weckte. Dann untersagten die Kartellbehörden vor zwei Wochen den Kauf, sodass Coke nur der Ärger blieb, aber keine neue Tochter. Reiner Metzger