Monument Valley mit Knick

■ Mehr John Wayne, weniger Dalai Lama: Eric Vallis Yak-Treiber-Epos Himalaya beendet heute die Tibet-Filmtage im Abaton – und erinnert an einen Western

Einer der Grundsätze der asiatischen Philosophie ist: Alles hängt irgendwie zusammen. Auf Sanskrit: Karma. Wussten Sie's? Und wissen Sie, dass das tatsächlich stimmt – und zwar anders als Sie denken? Nehmen Sie zum Beispiel diese Seite, die Sie gerade in den Händen halten.

Oben lesen Sie einen Artikel über den amerikanischen Hollywoodschauspieler Jeff Bridges. Der ist nicht nur sehr gut, sondern repräsentiert, wie so viele seiner Generation, ein ganz neues Männerbild im amerikanischen Kino. So auch in Peter Bogdanovichs 'New Hollywood'-Klassiker Die letzte Vorstellung. In dem wiederum gehen die Protagonisten in ein texanisches Provinzkino und schauen sich Howard Hawks' Viehtreiber-Epos Red River an. Auch das ein sehr guter Film, in dem zwischen dem störrischen John Wayne und dem so viel weicheren – damit moderneren, Bridges-ähnlicheren – Montgomery Clift ein Konflikt entbrennt, was denn nun ein rechter Mann sei.

Eric Vallis Himalaya, von dem die Kritik handelt, die Sie im Moment lesen, überträgt den Plot von Red River samt seines Konflikts in die Hochplateaus des gleichnamigen Gebirges; allein die handfesten Schlägereien fehlen natürlich, aus der Pferde-Oper wurde nämlich ein Yak-Ballet, wenn Sie so wollen. Und der jüngere Cowboy heißt auch nicht Montgomery Clift, sondern, Oh Du Lotusblume kosmischer Zirkelschlüsse!, schlicht: Karma. Heilig's Blechle!

Mal ehrlich: Man kann die seltsame ,Free Tibet'-Koalition aus Esoterikern, Snowboardern und Beastie Boys ja durchaus skeptisch beäugen; gerade wenn man Rotmützler nicht so recht von Gelbfüßlern unterscheiden kann, beim Großen Wagen eher an Schumi denken muss und wie John Wayne lieber die Kaffee- statt der Gebetsmühle dreht. Eric Vallis Himalaya, der die Tibet-Filmtage im Abaton beendet, wird man auch dann etwas abgewinnen können.

Himalaya spielt im nepalesischen Distrikt Dolpo, der bis in die 50er Jahre dem westlichen Auge verborgen geblieben war. Am Natur-Erhabenen dieser unwegsamen Region kann das nicht gelegen haben. Der Dolpo sieht nämlich so imposant aus wie das Monument Valley, abgelichtet von einem kubistischen Fotografen und in der Mitte geknickt. Die Geschichte kennen wir: Die Arbeit ist hart, der Horizont weit, das Gesetz das der Gemeinschaft. In die kommt ein Kundschafter mit schlechter Nachricht, und los geht's. Der Sohn des alten Karawanenführers Tinlé ist verunglückt, lässt Sohn und Frau zurück. Tinlé macht in seinem Schmerz den jungen Karma verantwortlich, der bald zudem erkennen lässt: Seine Sorge um die Witwe ist mehr als platonischer Natur. Und doch verehrt er insgeheim den zähen Tinlé wie einen Vater. So starten, als der Winter naht, die beiden Männer mit zwei unterschiedlichen Karawanen, um ihren Kampf um Autorität und Anerkennung auf der Bergroute auszutragen.

Und weil selbst Schnee-Western immer von Vätern, Söhnen und dem Gesetz handeln, erzählt Vallis seine Geschichte auch so: Die Blicke sind so ernst und schweigsam wie die Panoramen weit und die ständige Musik weihevoll. Damit markiert Vallis zwar in etwa genau den exakten Gegenpol zu Khentse Norbus Spiel der Götter, aber unter dem würdelnden Blick auf die exotische Kulisse verbirgt sich etwas, das so falsch trotzdem nicht sein kann: ein Western. Zudem ein recht feinsinniger. Auummmmmm, son of a gun! Tobias Nagl

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