All American Anti-Hero

Manche haben ihn in „Big Lebowski“ gar nicht erkannt: Das Metropolis gratuliert Jeff Bridges zum Fünfzigsten  ■ Von Kay Sokolovsky

Zu den ganz großen Stars, zur Bruce-Willis-und-Tom-Cruise-Liga hat er nie gezählt. Dennoch haben alle irgendwann einmal einen Film mit ihm gesehen; und sein Gesicht mit dem breiten Bauernbubenlächeln und den hellblauen, sehr lichtempfindlichen,fast immer zusammengekniffenen Augen (heute, passend zu seinem 50. Geburtstag am 4. Dezember, ziert ein Kranz von Runzeln seine Lider) – dieses sehr einnehmende, sehr amerikanische Gesicht hat sicherlich nicht weniger Wiedererkennungswert als das von Schwarzen-egger. Nur – wie der Kerl heißt, will den wenigsten auf Anhieb einfallen. Jim... John... Jack? Jeff? Jeff Ichkommgleichdrauf? D... D... Dude?

Dabei ist Jeff Bridges ein Kameraprofi seit seinem 4. Monat. Die Performance auf den Armen von Jane Greer in The Company She Keeps (1950) hinterließ allerdings wenig Eindruck und war zumal Vater Lloyd zu verdanken, der sich damals in Hollywood als mäßig talentierter, aber ziemlich beliebter Draufgänger-Darsteller einen Namen zu machen begann. Mit solchem Hintergrund und einer so frühen Prägung war Jeff Bridges für jeden ordentlichen Beruf natürlich verloren. Zum Glück: Kaum ausgewachsen, durfte er in Peter Bogdanovichs Provinzdrama Die letzte Vorstellung (1971) beweisen, dass er nicht nur besser aussieht, sondern auch viel besser schauspielern kann als Papa.

Rund fünfzig Spielfilme stehen inzwischen auf Jeff Bridges' Liste, Multimillionendollarproduktionen waren darunter ebenso wie bescheidene Independent-Streifen; fast jeder namhafte Regisseur des ,New Hollywood' hat ihn einmal gebucht: Sein eigenwilliger Charme, diese seltsame Mischung aus Machismo und Melancholie, aus Mutterwitz und Einfalt prädestiniert ihn für die Rolle des tapferen Losers, des unverzagten Helden wider Willen, den das neuere seriöse US-Kino so liebt.

Die Ambivalenz seines Spiels, die hohe Verletzlichkeit, die seine Figuren ausstrahlen, verhinderten freilich, dass Jeff Bridges es je zum Superstar brachte: Er ist offensichtlich ein Mensch, kein Halbgott. Überdies besteht eine fatale Parallele von seinen Filmrollen zum richtigen Leben: Bridges steht auf der Besetzungsliste einiger der größten Flops der letzten 25 Jahre.

Er war der Hippie-Fotograf Jack Prescott in der nichts als lächerlichen Monsterproduktion King Kong (1976); er gehörte zu den Unglücksraben, die unter Anleitung von Michael Cimino mit Heaven's Gate (1980) ein komplettes Filmstudio ruinierten; er wurde als Hauptdarsteller des ersten maßgeblich am Computer produzierten Spielfilms Tron (1982) mitschuldig an dem, was die Disney-Studios noch weniger leiden können als Sex: ein Fiasko. Man wird sich denken können, was passierte, als Bridges sich mit einem anderen Fachmann für Bankrotte, Francis Ford Coppola, zusammentat, um Tucker (1988) zu drehen.

Neben diesen Desastern freilich sind Bridges immer wieder respektable Erfolge gelungen. Ohnehin lag es an seiner Arbeit zuletzt, wenn aufgeblasene Gurken wie King Kong ihr verdientes Schicksal ereilte. In einer Retrospektive anlässlich seines Jubeltages wird das Metropolis fünf der Filme vorstellen, an die man sich noch erinnern wird, wenn schon keiner mehr weiß, wer denn dieser Sylvester Stallone war – preiswerte Produktionen, in denen Bridges sein eigenwilliges Charisma mit größtem Vergnügen entfaltet.

Es soll Leute geben, die ihn in The Big Lebowski (1998) gar nicht wiedererkannt haben, hinter dem Schmerbauch und dem vollgesuppten Bartfilz. Ihnen sei geraten, sich Die letzte Vorstellung ganz genau anzusehen – und festzustellen, dass „der Dude“ schon im jungen, ebenso großmäuligen wie weltfremdem Duane Jackson angelegt war. Und so was macht den bedeutenden Schauspieler, mag er auch nicht zum Superstar geboren sein, am Ende wohl aus: dem Rollencharakter, der seinen Möglichkeiten am ehesten liegt, über drei Jahrzehnte hinweg treu zu bleiben, ohne dabei ins Klischee abzurutschen.

Die letzte Vorstellung: Fr, 10., 21.15 Uhr + Di, 14., 17 Uhr Die fabelhaften Bakerboys: Mi, 22 Uhr, 17 Uhr + Do, 23., 21.15 Uhr + Sa. 25., 17 Uhr + Di, 28., 21.15 Uhr, Fortsetzung im Januar