Querspalte

■ Weihnachtsdilemma

Oje, was soll man jetzt bloß noch kaufen? Seitdem in der taz die Liste der Firmen abgedruckt wurde, die sich an der Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter nicht beteiligen wollen, steht man vor einem Dilemma als weihnachtlicher Konsument. Nun gut, Rodenstock-Brillen und Zeiss-Kameras stehen sowieso nicht auf meiner Geschenkliste, ebenso wenig WMF-Töpfe, Zwilling-Messer oder Rosenthal-Porzellan. Da kaufe ich doch lieber die billigen Plagiate aus Fernost und hoffe, der Nippes von Ikea stammt nicht aus volkschinesischen Straflagern. Nur, warum ist das alles bloß immer so spottbillig?

Anlässlich der WTO-Tagung konnte man kaum die vielen Berichte ignorieren, die auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzungen in der „Dritten Welt“ hinwiesen: Nicht nur Teppiche aus Kinderarbeit kommen aus Indien, auch die Färbereien und Gerbereien verseuchen die Flüsse in den wechselnden Farben der hiesigen Mode. Gott sei Dank kommen noch keine Gartenmöbel aus Brasilien in unsere Baumärkte und Discounter, sondern aus den letzten Urwäldern in Südostasien, versehen mit einwandfrei gefälschten Öko-Nachweisen.

Am besten würde ich mich dem Konsumrausch durch einen Aufenthalt in Kuba entziehen. Das Flugzeug würde schließlich auch ohne mich dahin fliegen und mehrere tausend Tonnen Treibhausgase in die oberen Luftschichten jagen. Auf einen Passagier mehr oder weniger kommt es nun wirklich nicht an. Oder wäre es nicht doch besser, wenn ein Internetfreak die E-Mail-Adressen der Marketingabteilungen von Entschädigungsverweigerern herausfindet und ins Netz stellt. Dann könnten wir beim Plätzchenbacken noch nebenbei 257 Protestmails abschicken und das Ganze kostete nicht mehr als eine Briefmarke. Das wär's doch. Ein schönes Fest wünscht Torsten Bünning