Riesige schwarze Löcher bei der CDU

■ Das System geheimer Konten wird immer undurchsichtiger. Informationslücken in der Führung der Christdemokraten sind groß

Wie undurchsichtig das Finanzsystem der CDU tatsächlich war, beweist am besten die Tatsache, dass selbst diejenigen, die mit seiner Aufklärung befasst sind, kaum noch durchblicken. Die von der Partei beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hat gestern den CDU-Gremien zwar eine erste Zwischenbilanz vorgelegt. Aber insbesondere bei der Untersuchung der Finanzmanöver des CDU-Steuerberaters Horst Weyrauch tun sich große schwarze Löcher auf.

Allein bei der Frankfurter Hauck-Bank soll Weyrauch für die CDU 22 Konten unterhalten haben, schreibt die Süddeutsche Zeitung. 17 davon waren so genannte Anderkonten, deren Zweck noch unklar ist. Darüber hinaus gibt es weitere Vor- oder Zwischenkonten mit unbekanntem Zweck. Völlig unklar ist ebenfalls, ob und wie viele Spendenkonten die CDU in der Schweiz hatte.

Die Informationslücken der jetzigen CDU-Führung sind dementsprechend groß. Wie groß, das belegt ein Fragebogen, den Wolfgang Schäuble jetzt an etliche Parteifunktionäre verschickt hat. Dessen Beantwortung soll den Wirtschaftsprüfern die Arbeit erleichtern. Der prominenteste Empfänger dieses Fragebogens ist Schäubles Vorgänger als Parteichef – Helmut Kohl. Wer sonst noch zu der Gruppe gehört, von der sich die CDU-Spitze Aufklärung erhofft, ist im Einzelnen nicht klar. Sicher ist, dass auch die früheren Generalsekretäre Volker Rühe und Peter Hintze Post von Schäuble bekommen haben.

In dem von Ernst & Young ausgearbeiteten Fragenkatalog geht es insbesondere um die undurchsichtigen Finanzmanöver von Weyrauch. Dieser soll Spenden gestückelt, die Namen der Spender anonymisiert und das Geld auf seinen diversen Konten hin- und hergeschoben haben, bevor er es dann teilweise in den offiziellen Finanzhaushalt der CDU überführt hat. Kohl und die anderen Parteifunktionäre sind von Schäuble sehr freundlich dazu aufgefordert worden, die Fragen zu beantworten, soweit sie „dazu in der Lage“ seien. Den Briefen soll eine Auflistung der 22 Konten bei der Frankfurter Hauck-Bank samt dazugehörigen Nummern beigelegt sein.

Die Fragen sind im Einzelnen nicht bekannt, die Süddeutsche Zeitung berichtet von vier Fragen. Erstens: „Sind Ihnen neben den in der Anlage angeführten Treuhandanderkonten weitere bekannt?“ Zweitens: „Sind Ihnen andere Konten oder Barvermögen bekannt, die, wenn auch nicht explizit als Treuhandanderkonten, so doch von ihrem Bestimmungszeck her der CDU zuzurechnen sind?“ Drittens: „Können Sie Angaben zur Herkunft der Einzahlungen machen?“ Viertens: „Können Sie Hinweise zur Herkunft der Saldovorträge auf den Konten 53822-05 und 53822-04 machen?“

Die erste und vierte Frage wird Kohl kaum beantworten können. Es ist unwahrscheinlich, dass er sich Kontonummern gemerkt hat und irgendetwas über Saldovorträge auf irgendwelchen Konten weiß. Dazu sind wohl nur Weyrauch selbst und der frühere Generalbevollmächtigte der CDU-Schatzmeisterei, Uwe Lüthje, auskunftsfähig. Insbesondere von der Beantwortung der dritten Frage wird abhängen, ob die CDU wegen Verletzung des Parteienfinanzierungsgesetzes Geld nachzahlen muss. Nach bisherigen Erkenntnisse der Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young sollen die heimlichen und damit gesetzwidrig verwendeten Spendenbeiträge 3 bis 4 Millionen Mark betragen.

Jens König, Berlin