Grüne stellen die Panzerfrage

■  Vor dem Landesparteitag am Wochenende machen die Berliner Grünen Druck auf die Bundespartei: gegen Panzerlieferungen an die Türkei und für einen schnellen Atomausstieg

Zwei bundespolitische Themen mit hoher Brisanz dominieren die zweitägige Landesdelegiertenkonferenz der Berliner Grünen: Am Freitagabend debattieren die Delegierten über Panzerlieferungen an die Türkei. „Sollte es zu einem Export von Leopard-II-Panzern – auch in verminderter Stückzahl – kommen, muss dies für Bündnis90/Die Grünen den Ausstieg aus der Koalition bedeuten“, heißt es in einem Antrag des Landesvorstands und der AG Frieden/Internationales.

Am Samstag steht der Atomausstieg im Mittelpunkt der Beratungen. Bis zuletzt feilte der grüne Landesvorstand an dem Antrag für den Parteitag. Die Gesamtlaufzeit der Reaktoren müsse „deutlich unter 30 Jahren“ liegen, sagte gestern der grüne Landesvorstandssprecher Andreas Schulze. Das Entscheidende sei aber der Einstieg in den Ausstieg. In der Frage der umstrittenen Restlaufzeiten will sich der Landesverband nicht auf eine konkrete Zahl festlegen, um den Verhandlungsspielraum der grünen Minister Jürgen Trittin und Joschka Fischer nicht einzuschränken. Sie hatten in der rot-grünen Bundesregierung einer 30-jährigen Gesamtlaufzeit samt dreijähriger Übergangsfrist zugestimmt – und damit parteiintern Kritik auf sich gezogen.

„Das bisher Ausgehandelte reicht nicht“, meinte Landesvorstandssprecherin Regina Michalik. „Bei den Zahlen muss sich noch etwas bewegen“, sagte auch Fraktionschefin Renate Künast. Doch sie warnte auch davor, die Debatte auf die Frage der Restlaufzeiten zu verengen. Der Atomausstieg bedeute nicht nur eine symbolträchtige Abschaltung von Atomreaktoren, sondern durch flankierende Maßnahmen werde eine Energiewende herbeigeführt, so Künast. Wenn künftig Rücklagen versteuert werden müssten und Atomenergie nicht mehr förderungswürdig sei, sinke die Rentabilität von Atomkraftwerken.

In taktischen Fragen sind sich die Grünen allerdings nicht einig. Für Regina Michalik stellt sich die Koalitionsfrage, wenn in dieser Legislaturperiode nicht mehr als zwei Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Künast hält dagegen: „Es wäre unklug, mit dem Bruch der Koalition zu drohen. Die Koalitionsfrage stellt sich, wenn man nichts erreicht hat.“ Der Antrag des Vorstandes verzichtet darauf, diese Frage zu stellen.

Doch macht Schulze klar: „Weitere Castortransporte sind ohne Atomausstieg nicht vorstellbar.“ Falls im Frühjahr Brennstäbe des stillgelegten brandenburgischen AKW Rheinsberg in das Zwischenlager Lubmin transportiert werden, so ein Antrag, sollen die Grünen Protestaktionen organisieren. Dorothee Winden