Zwischen Dessous und Dildos

Wer luststeigernde Präsente sucht, sollte bei Good Vibrations Toy Trading in Schöneberg vorbeischauen: ein Sex-Shop mit Teeladen-Atmosphäre  ■   Von Margret Steffen

Natürlich haben wir Weihnachtsangebote“, sagt Frau Lukas von Beate Uhse in Berlin-Mitte und trägt spröde vor: „Postkarten, Gag-Kondome ... Kommse halt mal vorbei.“ Auch bei Uhse-Online gibt es lediglich barbusige Nikoläuse, die immerhin „Weiße Weihnacht im Uhse-Land“ präsentieren, ansonsten aber das übliche Angebot. Wie auch bei den Konkurrenz-Websites: „Super Glitschi“ von Dr. Müller gibt es da, Latex-Anziehhilfe beim San Francisco Gay Shop oder den „Lust-Torso“ von Dolly Buster.

Wo ist weihnachtliches Sex-Amüsement aber noch zu suchen, wenn nicht zwischen Milchglastür und Wichskabine? Wo gibt es Inspiration für die unheilige Geschenk-Intention?

Bei Good Vibrations Toy Trading in der Nollendorstraße 23 stehen alle Zeichen auf Weihnachtsandrang. Judy Bräg, einst Verkäuferin keuscher Bücher, hilft heute bei der Entscheidung zwischen Dessous oder Dildo. „Es geht langsam los mit den Festeinkäufen, viel später als im Büchergeschäft“, stellt die 29-Jährige fest. Vor allem Schwule kommen die Stufen zu dem Souterrain-Laden herunter, aber auch immer mehr Heteros legen unter der Regenbogenfahne einen Stopp ein. Im Großhandel bei Sexyland oder Theresa Orlowsky vermuteten solche Kunden eher miefige Männer-Fantasien beheimatet als luststeigernde Geschenkideen, so Judy. Good Vibrations will aber schon vom Ladenklima her seinem Namen Ehre machen. Warmes Licht und heller Holzfußboden verbreiten Teeladen-Atmosphäre.

„Die Leute kommen, weil sie hier liebevolle Dinge finden können. Und damit hat ja Weihnachten viel zu tun“, sagt Judy. Beliebt sei die Kamasutra-Reihe: Massageöle, Puder, Spiele. „Manche überlegen zwar, ob sie 70 Mark dafür ausgeben, aber ein anderes Spiel kostet ja auch viel“, sagt die Verkäuferin. Kundinnen greifen vor allem bei erotischer Literatur und bunten Vibratoren mit Delphin- und Teufelchengesichtern zu. Für erstandenes Bodyöl oder Spielzeug gibt es auch Geschenkdosen, die Judy und ihre Kollegen kunstvoll einpacken.

Im hinteren Ladenteil probieren SM-Anhänger Leder und Gummi an. Der eine der beiden Geschäftsführer, der Amsterdamer Wim Bos, sieht gepierct und glatzköpfig zwar zunächst respekteinflößend aus. Doch wenig später parliert er hausmütterlich über deutsche und niederländische Weihnachtstraditionen. Als Geschenkidee empfiehlt Wim Edelstahl-Cockringe, die hier in Millimeterabstufung zu haben sind. „Es kommen viele Touristen in der Weihnachtszeit, die das suchen, was es eben nicht in jedem Laden um die Ecke gibt“, sagt Wim. Also Vakuumpumpen, Analduschen und Elektrospielzeug. Das braucht zwar wenig religiöse Gefühle zu wecken, sorgt aber nach Wims Auskunft für viel Interesse im Feiertags-Shopping.

Für Unentschlossene finden sich allerdings im vorderen Laden auch günstige Kleinigkeiten: „Die Pride-Artikel gehen unheimlich gut als Geschenke“, verweist Judy auf das Merchandising der Gay Community – Anhänger, Anstecker, Freundschaftsbändchen, Kalender, Karten. Gleich daneben an der Kasse ein Ständer – so einer wie für Supermarktsüßigkeiten, vor denen Kinder ihre Mütter in der Warteschlange malträtieren. Hier ist er allerdings nicht mit Mentos fresh, sondern Fläschen mit Fruchtduft-Poppers bestückt.

Die kleinen Flaschen eignen sich hervorragend als Adventskalender-Überraschung. Solche Dinge sind sehr beliebt, berichtet Evelyne Hilse von Ladies First. Auch Penisringe oder Liebeskugeln finden sich in erotischen Countdown-Kalendern wieder. „Die Kunden geben vor Weihnachten auch mehr Geld aus, um sich selber etwas Gutes zu tun. Das hat nichts mit mehr Lust auf Sex zu tun. Man nimmt sich einfach mehr Zeit für sich selber“, sagt die Betreiberin des einzige Frauen-Erotikshops Münchens. Dienstag ist Partnertag, nur dann dürfen Männer in den Laden. Auch Evelyne Hilse will sich vom Klischee der Normalverbraucher-Sexshops abheben und „höhere Hemmschwellen bei Frauen“ abbauen. Mit Erfolg: „Besinnliche Jahreszeit hat ja etwas mit Sinnlichkeit zu tun. Wer das ganze Jahr über sparsam mit sich umgeht, gibt dann eben mal 100 Mark für einen guten Vibrator aus.“ Beliebt sind auch bei ihr Körperprodukte, bei Pärchen vor allem solche zum Aufessen. „Wir haben eßbare Öle, erwärmende Öle oder Körperpuder aus reinem Honig“, Renner bei Büchern sei „Das Delta der Venus“, erklärt die Unternehmerin. Der Versandhandel steige zu den Feiertagen sprunghaft an.

Wer aber in der Heiligen Nacht doch allein unter der Tanne hockt, kann sich bei Ladies First auch tröstende Gaumenfreuden bestellen. Neben Penis-Nudeln gibt es da Gummi-„Pärchen“ und Kamasutra-Schokolde, an der man sich wenigstens angucken kann, was einem entgeht. Besser also Schokolade als gar keinen Sex.